Presse zur Wahl in den Niederlanden:"Halt gesagt zum Populismus"

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In den europäischen Medien herrscht nach der Niederlande-Wahl vor allem Erleichterung. Ein Blick in die Presse.

Vor allem die klare Kante des niederländischen Ministerpräsidenten gegen den türkischen Präsidenten Erdoğan habe Rutte zum Wahlsieg verholfen, lautet die vorherrschende Meinung in europäischen Medien.

Niederlande

In den Niederlanden sehen allein die sozialdemokratische Volkskrant und die regionale De Limburger Ruttes Wahlsieg als Schlag gegen den Populismus. "Niederland sagt Halt zu Populisten" meint etwa letzterer. Und De Volkskrant meint, dass sich die linke Volkspartei PvdA - normalerweise die größte am linken Rand - erneut aufbauen müsse. Jetzt müssten die Grünen die Interessen der linke Seite überwachen. "Doch wieder Rutte", heißt es in der überregionalen niederländischen Algemeen Dagblad. Auch wenn sein Kabinett verloren hat, darf er als Ministerpräsident weitermachen, meint die zweitgrößte Zeitung der Niederlande damit. "Aber mit wem?", fragt die liberale NRC Handelsblad. Die politische Landschaft sei weiter fragmentiert und Rutte brauche schon drei Koalitionspartner.

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Deutschland

So schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung im Netz: "Mark Ruttes Kalkül ging auf. Der Ministerpräsident war Hauptnutznießer der Eskalation mit Ankara über die Auftrittsverbote für türkische Minister." Einen europäischen Dominoeffekt rechtspopulistischer Parteien gebe es nicht, schreibt Spiegel Online und meint im Hinblick auf die Wahlen in Frankreich: "... das Ergebnis von Den Haag ist schon ein Rückschlag für Le Pen. Hätte Wilders Platz eins belegt, hätte sie argumentieren können, dass Rechtsaußen-Positionen salonfähig sind in Europa." Am deutlichsten äußert die Bild ihre Erleichterung am Morgen nach der Wahl. "Danke, Holland!", heißt es auf der Website. Der konservativ-smarte Regierungschef habe die Wahl gewonnen, der Islam- und Europa-Hasser habe sie verloren. "Deutschland, ganz Europa sollte Danke sagen - und es bitte, bitte nicht beim erleichterten Aufatmen belassen."

Ähnlich äußert sich die Presse in den deutschen Nachbarländern Österreich und Schweiz:

Der österreichische Standard schreibt, "der Vormarsch eines Populisten und EU-Gegners konnte gebremst werden". Das Signal, das von der Wahl ausgeht, sei klar: "Man muss Populisten etwas entgegenhalten und kann mit klaren Positionen Vertrauen (zurück)gewinnen - auch mit einem klaren Pro-EU-Kurs." "Halt gesagt zum Populismus", heißt es auch bei der Neuen Zürcher Zeitung. Allerdings, schränkt das Schweizer Blatt ein, dürfte es Rutte schwer haben, nach dem Wahlausgang passende Koalitionspartner zu finden.

Frankreich

"Die zum Test für Europa gemachten Parlamentswahlen in den Niederlanden vom Mittwoch haben das Schlimmste verhindert", schreibt die französische Les Échos. Die Wähler hätten anscheinend die Härte geschätzt, mit der Ministerpräsident Rutte den Konflikt mit dem türkischen Präsidenten Erdoğan geführt hat. Sie seien auch dem Willen ihres Regierungschefs gefolgt, die Spirale des Populismus in Europa aufzuhalten. Auch der Figaro konstatiert "eine große Erleichterung für die traditionellen Parteien in Europa, insbesondere in Frankreich". Dieser Enthusiasmus sage viel über die Nervosität, die in Europa vor dem niederländischen Wahlgang herrschte. Le Monde hingegen äußert sich vorsichtiger und weist auf die weitere Zersplitterung der politischen Landschaft hin und die Schwierigkeit, aus den vielen kleinen Parteien eine Koalition zu bilden.

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Italien

Auch der italienische Corriere della Sera klingt erleichtert. "Er, 'Mozart', war ein Schreckgespenst, nicht der neue Donald Trump. Und die Niederlande sind nicht das Raumschiff, das in die Galaxie des Populismus startet, weit weg von Europa. Die Straße zu den Wahlerdbeben in der EU wird sich nicht öffnen, darf sich nicht öffnen." Die Repubblica stellt einen "zarten, aber tiefen Seufzer der Erleichterung" fest, den Europa nach dem Wahlausgang ausstoße.

Spanien

Geert Wilders sei "nicht zum ersten Sieger in der Liga der europhoben Gruppen in Europa aufgestiegen, die auch über Spieler in Frankreich, Deutschland und Österreich verfügt", schreibt die spanische El País. Wilders' Partei habe ihr Ziel verfehlt.

Großbritannien

"One down, two to go", schreibt der britische Guardian nach der Niederlande-Wahl und vor den Entscheidungen in Frankreich und Deutschland. Rutte habe die Wahl als Clash zwischen Status quo und Populismus hingestellt, was allerdings zu kurz gegriffen sei. Denn: "So viele Dominos auch noch fallen mögen in diesem Jahr, das Ende der liberalen Weltordnung ist noch lange nicht nahe". Eindeutiger äußert sich der Telegraph: "Mark Rutte verjagt die Herausforderung Geert Wilders, Niederlande weisen Rechtsaußen zurück."

Schweden

Von einem "entgegengesetzten Trump-Effekt" schreibt die schwedische Aftonbladet. Europa könne erleichtert aufatmen, da Wilders eben keinen Trump-Effekt geschafft habe. Und die Expressen fügt hinzu: "Viele Politiker in Europa haben heute erleichtert aufgeatmet. Bald wartet das nächste Drama mit der Präsidentenwahl in Frankreich."

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