"Prankenstein" auf Pro Sieben:Lena soll's richten

"Prankenstein" auf Pro Sieben

Wer lässt sich von ein paar Jungs und riesigen Teddybären aus der Ruhe bringen? Szene aus Prankenstein.

(Foto: Willi Weber; Pro Sieben)

Pro Sieben ist verzweifelt: Raab geht weg, Klum vielleicht demnächst auch. Wie soll es also weitergehen?

Von Hans Hoff

"Streiche" sagt man nicht. Streiche sind sowas von gestern. Es müssen "Pranks" sein. Das Wort bedeutet im Prinzip dasselbe, spricht sich aber besser, hipper, fetter. Kurz klingeln, dann weglaufen und aus sicherer Entfernung schauen, was der gefoppte Nachbar macht. Hihihi. Fertig ist der Prank in seiner Grundform. Klassischer Schülerhumor.

Lena Gercke ist jetzt zuständig für genau solche Streiche. Mit einer Bande von Jungs zieht sie um die Häuser und schaut, wo man jemanden foppen kann. Das Konzept erinnert verblüffend an die mehr als zehn Jahre alte MTV-Show Jackass. Aber immerhin der Name ist neu: Prankenstein nennt sich das Format, das Pro Sieben ganz auf die 27-jährige Gercke ausgerichtet hat.

Prankenstein ist wichtig. Sehr wichtig. Für Pro Sieben und für Lena Gercke. Für den Sender geht es darum, jene düstere Zukunft zu erhellen, die spätestens eintritt, wenn zum Jahresende Stefan Raab geht und gefühlt Hundert verwaiste Sendeplätze hinterlässt. Dann müssen neue Formate her, die im besten Fall mindestens die Attraktivität einer durchschnittlichen Raab-Show aufweisen.

Noch einen Abgang in der Raab-Klasse kann sich Pro Sieben nicht leisten

Genau da kommt Lena Gercke ins Spiel. Nicht als Raab-Nachfolgerin, eher als potenzieller Ersatz für Heidi Klum. Die hat zwar fest versprochen, Pro Sieben auch die kommenden Jahre mit ihrer Topmodel-Suche treu zu bleiben. Aber was sind Versprechen schon wert im rauen Fernsehgeschäft? Was geschähe, wenn sich La Klum in einem oder in zwei Jahren umentschiede und bei einem anderen Sender unterschriebe? Was finge Pro Sieben dann an mit all den Werbekunden, die jetzt noch so freigiebig ihre Reklamespots in die Topmodel-Pausen schalten? Noch einen Abgang in der Raab-Klasse kann sich der Kommerzkanal nicht leisten.

Da fügt es sich für den Sender schon aus strategischen Gründen gut, jemanden wie Gercke in der Hinterhand zu haben. Immerhin hat sie die erste Staffel von Germany's Next Topmodel gewonnen und in Österreich einige Staffeln des Formats moderiert. Deshalb kommt ihr Name immer wieder dann ins Gespräch, wenn es Krisengerüchte um Heidi Klums Zukunft bei Pro Sieben gibt.

Aber nicht nur für den Sender erscheint Prankenstein wichtig, auch für Gercke selbst könnte die Samstagabendshow ein karrieretechnischer Meilenstein werden. An ihr könnte sie wachsen und sich selbst eindeutiger positionieren. Bislang weiß nämlich kaum jemand, wofür die Marke Gercke wirklich steht.

Nicht mehr nur optische Sättigungsbeilage sein

Zwar hat Heidi Klum ihrer Siegerin 2006 per Sendungstitel versprochen, sie sei das nächste deutsche Topmodel. Wer aber mal die Titelblätter jenseits von dauerblonden TV-Zeitschriften durchsieht, findet eine eher überschaubare Anzahl von Gercke-Covern. Bei einem echten Topmodel wäre das dann doch ein wenig anders.

Der Eindruck des nicht ganz echten Topmodels wird durch das mediale Echo gestärkt. In jüngerer Vergangenheit war Gercke vor allem das schmückende Beiwerk an der Seite von Fußballweltmeister Sami Khedira. Im schlimmsten Fall fiel dann der Ausdruck "Spielerfrau", was als Vorstufe zur Dschungelcamp- oder Promi-Big-Brother-Teilnahme zu werten ist.

Für Lena Gercke geht es also vor allem darum, sich von wem auch immer zu emanzipieren, aus dem Schatten der Klum herauszutreten und nicht mehr nur optische Sättigungsbeilage zu sein.

Am Alleinvertretungsanspruch von Dieter Bohlen gescheitert

Einen ersten bemerkenswerten Versuch hatte sie bereits als Jurorin bei Das Supertalent gestartet. Dort fiel sie durch vergleichsweise besonnene Äußerungen auf, konnte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie, wie alle Supertalent-Juroren, am Alleinvertretungsanspruch von Dieter Bohlen scheiterte. Immerhin ein Schicksal, das sie mit anderen namhaften Blondchen wie Michelle Hunziker und Thomas Gottschalk teilt.

Es geht also um viel für Lena Gercke. Sie weiß das, und sie wirft sich voll ins Zeug. Auf vorab veröffentlichten Prankenstein-Fotos ist zu sehen, wie sie sich selbst ihren Streichen aussetzt. Sie bekommt Stromschläge verabreicht und rosa Soße über ihr güldenes Haupthaar gekübelt. "Alles, was wir den Opfern antun, testen wir vorher an uns selbst", lässt sie verkünden.

Ja, sie will ganz offenbar mitspielen bei den harten Jungs der Joko-und-Klaas-Klasse, Selbstverletzung und -Erniedrigung inklusive.

"Prankenstein" mit Lena Gercke

Wenn eines von Heidis "Meeedchen" mit Schleim übergossen wird, muss er natürlich rosa sein: Lena Gercke, Gewinnerin der ersten Staffel Germany's next Topmodel, in Prankenstein.

(Foto: Stefan Hobmaier; Pro Sieben)

Sie wäre die harte Schöne

Sollte das Konzept aufgehen, hätte Lena Gercke ein Alleinstellungsmerkmal. Sie wäre die harte Schöne, die was mit sich machen lässt, die aber auch austeilen und ein bisschen komisch sein kann. Geht es schief, muss sie sich nicht allzu sehr grämen. Weil sie für den Sender immens wichtig ist, hat der noch andere Formate für sie in petto. Nicht nur die Moderation bei The Voice Of Germany.

Pro Sieben braucht Gercke, und Gercke braucht Pro Sieben. Im besten Fall wird das eine Win-Win-Situation. Im schlimmsten Fall droht irgendwann das Promi-Big-Brother-Haus.

Anmerkung der Redaktion: jetzt.de-Mitarbeiter Jan Stremmel ist Mitglied des Prankenstein-Casts.

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