Polizeiruf aus München:Ein Erlebnis für sich

Polizeiruf aus München: Elisabeth Eyckhoff (Verena Altenberger, Mitte) und Dennis Eden (Stephan Zinner, rechts) ermitteln zum letzten Mal zusammen.

Elisabeth Eyckhoff (Verena Altenberger, Mitte) und Dennis Eden (Stephan Zinner, rechts) ermitteln zum letzten Mal zusammen.

(Foto: Sabine Finger/dpa)

In ihrem letzten "Polizeiruf" machen es sich Verena Altenberger und Stephan Zinner nicht leicht. Wie schade, dass sie aufhören.

Von Holger Gertz

Dieser Münchner Polizeiruf 110 folgt mal wieder den Geboten, die die lange für dieses Format verantwortliche Redakteurin Cornelia Ackers formuliert hat: Ein Krimi, der was taugt, ist mehr als ein Film. Er ist ein Gesamtkunstwerk. "Und bei einem Gesamtkunstwerk stehst du dann eben vor etwas Gesamtem und nicht vor der einengenden Frage: Ist das alles verständlich?"

Also: Dynamik, Schnitt, Auswahl des Personals, Einsatz von Musik - alles Teile eines Gesamtkunstwerks. Und alles in der Episode "Paranoia" von Tobias Ineichen (Buch Martin Maurer und Claus Cornelius Fischer) eingesetzt und ausgespielt. Der Film ist eine Kombination aus vielem, Verschwörungsthriller, Sozialdrama, Mystery, Krimi und eben auch Krimipersiflage. Er parodiert den Krimi, vor allem die landläufige Erwartung an einen Krimi: dass nach neunzig Minuten alles klar ist und der Zuschauer gereinigt in die neue Woche starten kann.

In "Paranoia" sagt ein undurchsichtiger Mann: "Woher wissen Sie denn, dass ich das war?" Darauf Kommissarin Elisabeth "Bessie" Eyckhoff (Verena Altenberger): "Wir wissen das, weil wir sind von der Polizei. Wir kombinieren." Und Ermittlerkollege Dennis Eden (Stephan Zinner): "Des is wie bei den Detektiven im Fernsehen. Wir kombinieren a bisserl, zählen eins und eins zusammen, und am Ende weiß man's." So wünscht es sich doch ein großer Teil des Publikums, das kann man jedenfalls aus Beiträgen in den sozialen Netzwerken herauslesen. Aber so leicht machen sie es im Münchner Polizeiruf den Leuten mal wieder nicht.

Es ist der sechste und auch schon wieder letzte Fall mit der besonderen Figur Eyckhoff, die so nahbar ist, voll Empathie und Wärme, und die inzwischen mit dem raubauzigeren Eden einen kongenialen Partner gefunden hat. Wie Altenberger und Zinner nicht eine Textvorgabe umsetzen, sondern miteinander reden, ist ein Erlebnis für sich. Ganz beiläufig wirkt die Kommunikation zwischen den beiden und trotzdem nie verplappert. Ganz beiläufig wird auch miterzählt, was die Gesellschaft gerade beschäftigt und anderswo bemüht thematisiert wird. Hier fragt der Mann, der im Imbiss die Pommes auf Temperatur bringt: "Darf man Fritteuse überhaupt noch sagen?"

Eyckhoff und Eden ermitteln in zwei Mordfällen, es könnte aber auch weitere Opfer geben, nicht mal das ist klar. Eine psychisch labile Rettungssanitäterin (sehenswert, wie das gesamte Personal: Marta Kizyma) erzählt Dinge, die geschehen sein könnten oder nicht. Nicht alles wird aufgelöst, manches bleibt in der Schwebe in diesem Stück, das die Zuschauer an einer Stelle sogar mit einer Nahtoast-Erfahrung in Berührung bringt. Es ist nämlich so: Man braucht Humor, um das Leben zu genießen, und auch diesen Krimi.

So schade, dass Verena Altenberger aufhört. Erst recht, wo sie doch mit Zinner ein tolles Gespann abgibt. In anderen Krimis werkeln sie umständlich an Personaltableaus rum, um Ermittler zu finden, die sich ergänzen. Hier sind nun zwei, die könnten eigentlich noch ewig so weitermachen. Aber auch das wäre eine Publikumserwartung, die sie im Münchner Polizeiruf spielend unterlaufen.

Polizeiruf 110, Sonntag, 20.15 Uhr, Das Erste.

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