"Polizeiruf" aus Frankfurt:Dieser "Polizeiruf" berührt vieles, aber rührt nicht richtig

Polizeiruf 110: Szene aus "Der Fall Sikorska"

Schaut mal rein: Raczek (Lucas Gregorowicz, links).

(Foto: RBB)
  • Der neue "Polizeiruf 110" kommt am Sonntag aus Frankfurt/Oder.
  • In "Der Fall Sikorska" geht es um zwei junge Frauen - die eine ist gerade umgekommen, die andere vor 15 Jahren verschwunden - und darum, wie der eine mit dem anderen Fall zusammenhängt.
  • Der Krimi erfüllt das Bedürfnis nach einer klassischen Kriminalgeschichte, ist aber geprägt von erzählerischer Betulichkeit.

Von Holger Gertz

Wenn man den Kommentatoren in den sozialen Netzwerken glaubt, besteht ein gesteigertes Interesse daran, am Sonntagabend statt Vampiren und Zombies auch mal wieder Kriminalfilme im Stil der Siebziger vorgeführt zu bekommen. Einfache Stoffe, klare Strukturen: Ein Bankräuber überfällt eine Bank, und die Polizei sucht den dann. Oder ein Geldtransporter wird überfallen. Tatsächlich hat man solche sehr simplen Geschichten schon in den Siebzigern selten erzählt, der Geldtransporter beispielsweise wurde zwar im legendären Tatort "Drei Schlingen" aus den Kulissen geschoben, aber am Ende ging es doch auch in jenem Abenteuer um kompliziertere Themen, das Verhältnis von Rache und Gerechtigkeit.

Sicher erfüllt jetzt dieser Polizeiruf 110 aus Frankfurt/Oder das Bedürfnis nach der so genannten klassischen Kriminalgeschichte. Denn es geht um eine soeben zu Tode gekommene junge Frau und um eine vor 15 Jahren verschwundene junge Frau - und darum, wie das eine mit dem anderen zusammenhängt. Klare Strukturen also, aber oft ist es so, dass die klassische Geschichte dann auch sehr klassisch erzählt wird, nämlich so wie vor dreißig Jahren. "Gibt es dafür Zeugen?", fragen die Ermittler Lenski (Maria Simon) und Raczek (Lucas Gregorowicz). "Wo waren sie denn am Montagmorgen?", fragen sie. Des Weiteren: Herumgefahre mit dem Dienstwagen, gemütliches Einparken à la Derrick vorm Internat, Füllszenen, die komplett das Tempo rausnehmen. Ständig darf das Publikum in Gesichtern lesen. Jemand sagt: "Haben Sie sich mal gefragt, ob Sie den richtigen Mann im Visier haben?" Und schon steht im Gesicht der Kommissarin die Frage, ob sie den richtigen Mann im Visier hat. Oder jemand redet, dann Schnitt auf das Gesicht des Kommissars, dem - so sagte man das früher - in dem Moment ein Licht aufgeht.

So windet sich "Der Fall Sikorska" von Regisseur Stefan Kornatz (Buch: Bernd Lange und Hans-Christian Schmid), berührt Gegenwart und Vergangenheit, berührt die "Me Too"-Debatte, berührt standortentsprechend auch deutsch-polnische Befindlichkeiten, berührt vieles und rührt nicht richtig. Ein klassischer Krimi, geprägt von erzählerischer Betulichkeit. Mal so gesagt: Die Oder ist diesmal ein sehr langer, sehr ruhiger Fluss.

Polizeiruf 110: Der Fall Sikorska, Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

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