"Polizeiruf 110" aus Magdeburg:Hier spricht der Hund

"Polizeiruf 110" aus Magdeburg: Die Frauen im Ort verstehen sich als moderne Hexen.

Die Frauen im Ort verstehen sich als moderne Hexen.

(Foto: Conny Klein/MDR/filmpool fiction)

"Hexen brennen" ist ein Halloween-Schocker und gleichzeitig die Parodie eines Halloween-Schockers.

Von Holger Gertz

Pünktlich zu Halloween erheben sich besonders alte Geister in diesem Polizeiruf 110 vom MDR. Ein Polizeimeister spricht den Satz "Wir haben ein Problem mit einer Hexe" in sein Diensttelefon und das ist eine Besonderheit, selbst im Harz, wo Hexen allgegenwärtig sind - jedenfalls im Souvenirshop. Im Hexenladen liegen Fledermäuse aus Leuchtgummi in der Auslage, im Wirtshaus ordern die Stammgäste noch eine Flasche Kräuterelixier: auf das ewige Leben! Was schon Udo Jürgens wusste: Der Teufel hat den Schnaps gemacht. Und drüben in der Küche wärmt der magere Hilfskoch seine Hexensuppe auf - dieses Katermittagessen passt geschmacklich voll zur Gesamtstimmung. War denn was besonders am Mordtag? Ach was, jammert der Hilfskoch, zugleich Bruder der Toten: "Wie immer. Immer die Gleichen, wie jeden Abend. Immer die gleiche Scheiße."

Hauptkommissarin Doreen Brasch (Claudia Michelsen) sieht bei der Fahndung nach dem Mörder angemessen übernächtigt und unterkühlt aus, während sie durch ein Szenario stiefelt, das allerdings zu überdekoriert ist, um tatsächlich bedrohlich wirken zu können. Die zum Leben erweckte Amsel kennt den Weg zum Feuer. Und dauernd stehen zwei Wiedergängerinnen der Shining-Twins im Panorama herum. "Hexen brennen" von Ute Wieland (Buch Wolfgang Stauch) ist ein Whodunit und ein Schocker und zugleich, mit seinen vielen überzeichneten Figuren, auch die Parodie eines Schockers, mit besten Grüßen vom Mittelaltermarkt. Damit nicht genug: Er will außerdem das komplizierte Verhältnis mittelalter Männer zu ihren selbstbewusster gewordenen Frauen ausleuchten. "Plötzlich ist alles anders. Soll alles schlecht sein, was gut war", sagt der Hausarzt, der sich nicht mal mehr darauf verlassen kann, dass seine Gattin ihm die gute Leberwurst mundgerecht bereitstellt.

Mal wieder ein Sonntagabend-Krimi, der viel will - also zu viel. Dass schließlich Franz, der Scheißköter, zu reden anfängt, wenn auch nur zu sich selbst - das ist definitiv zu viel. Wenn allerdings Menschen miteinander sprechen, kommt das Halloween-Stück doch auf Touren, die Dialoge sind wie immer dann besonders schön, wenn sie der Lakonie vertrauen. Noch mal der Hilfskoch, die falsche Heimeligkeit der Provinz beschreibend: "Hier gibt's keinen, der so was macht." Darauf die Kommissarin: "Den gibt's nirgendwo." Und der Vater des Hexenladeninhabers trägt selbsterdachte Tierwitze vor: "Wo wohnen Hunde am liebsten? In der Bell Etage."

Den jedenfalls kann man doch mal weitererzählen.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

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