Youtuber zu Geldstrafe verurteilt:Recht am eigenen Bild

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Polizeieinsatz in Nürnberg. Routine-Einsätze der Polizei hätten keine zeitgeschichtliche Relevanz, urteilte das Kölner Oberlandesgericht, die Gesichter der Beamten dürften deshalb unverpixelt nicht online gezeigt werden. (Foto: Daniel Karmann/Picture Alliance/dpa)

Ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln schützt Polizisten in Routine-Einsätzen vor der Verbreitung ungewünschter unverpixelter Filmaufnahmen.

Von Niklas Elsenbruch

Wenn Polizisten bei Routine-Einsätzen etwa im Straßenverkehr gefilmt werden, dürfen die Aufnahmen nur unter der Bedingung ins Netz gestellt werden, dass ihre Gesichter verpixelt oder anderweitig unkenntlich gemacht sind. So entschied das Oberlandesgericht Köln (OLG) und verurteilte einen Youtuber aus Bonn zu einer Geldstrafe von 2800 Euro.

Der 32-jährige Student hatte seit Jahren einen Verteiler der Polizei abonniert, der ihn über Einsätze informierte. Diese filmte er und verbreitete sie anschließend über seinen Kanal, der fast 60 000 Abonnenten zählt - ohne jedoch die Gesichter der Beamten zu verpixeln. Daraufhin erstatteten mehrere Betroffene Anzeige.

In erster Instanz sprach das Amtsgericht Bonn den Angeklagten allerdings frei. Birgit Niepmann, Direktorin und Pressesprecherin des Amtsgerichts, sagte der SZ, der Richter habe die Videos für zeitgeschichtlich relevant befunden, weil die Lokalpresse vergleichbare Polizeieinsätze bespreche. Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte dürfen ohne Einwilligung beteiligter Personen verbreitet werden.

Das Bonner Landgericht widersprach im Juni, der Angeklagte betreibe den Kanal nicht aus journalistischem, sondern wirtschaftlichem Interesse. Grundsätzlich urteilte nun das OLG: Routine-Einsätzen der Polizei käme keine zeitgeschichtliche Bedeutung zu. Darüber hinaus hätte eine Verpixelung der Beamten den etwaigen "Informations- und Aussagewert der Aufnahme" nicht eingeschränkt. Folglich stünden das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit in diesem Fall hinter dem Persönlichkeitsrecht zurück. Das Urteil ist rechtskräftig.

Immer mehr Polizeikräfte sähen sich infolge der Verbreitung unzensierter Aufnahmen "massiv bedroht"

Erich Rettinghaus, der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft NRW, begrüßte die Entscheidung gegenüber der SZ als "wichtiges Signal". Immer mehr Polizeikräfte sähen sich infolge der Verbreitung unzensierter Aufnahmen "massiv bedroht" - sowohl im Internet als auch an Dienststelle und Wohnort.

Für Kontroversen sorgt gleichwohl die Frage, ab wann Polizeieinsätze gefilmt und veröffentlicht werden dürfen - besonders hinsichtlich der Dokumentation möglicher Polizeigewalt. Kleinere Versammlungen befinden sich hier in einer rechtlichen Grauzone, sodass Gerichte Konflikte zwischen Polizeikräften und Filmenden zumeist im Einzelfall beurteilen.

Um Auseinandersetzungen vorzubeugen, will die Polizei verstärkt den Einsatz von Bodycams testen. Kritiker argumentieren, die Beamten könnten diese willkürlich ein- und ausschalten. Erich Rettinghaus entgegnete, in Deutschland sei ihm kein Fall missbräuchlicher Anwendung bekannt.

Der Youtuber blickt derweil einem weiteren juristischen Nachspiel entgegen. Laut Deutscher Presseagentur liegen der Staatsanwaltschaft Bonn "zahlreiche neue Strafanzeigen" von Polizeibeamten vor, deren Gesichter sein Kanal unverpixelt zeigt.

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