Politische Einflussnahme im ZDF:Unter Kontrolle

Im Jahr 2011 entscheidet das Bundesverfassungsgericht, ob der Einfluss von Politikern und Parteien im ZDF zu groß ist. Das Urteil könnte gravierende Folgen haben.

Christopher Keil

Es gibt etwas, das das System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks prinzipiell angreifbar macht: die politische Einflussnahme. 2011 wird sich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage beschäftigen, ob der Einfluss von Politikern und Parteien im Zweiten Deutschen Fernsehen zu groß ist.

Der ehemalige hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hatte 2009 mit den nötigen Stimmen des ZDF-Verwaltungsrates eine Verlängerung der Dienstzeit von ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender verhindert.

Kochs dreiste Einmischung veranlasste Kurt Beck (SPD), rheinland-pfälzischer Regierungschef, Verwaltungsratsvorsitzender und Brender-Befürworter, eine Normenkontrollklage einzureichen. Beck lässt nun klären, ob Rundfunk- und Verwaltungsrat des Senders verfassungsrechtlich korrekt zusammengestellt sind.

Zunächst erschließt sich einem kaum, warum Ministerpräsidenten ein gebührenfinanziertes Fernsehen kontrollieren müssen, in dem sie ja als herausgestellte Politiker regelmäßig Teil des aktuellen Programms sind - besonders in Wahlkämpfen.

Es wird trotzdem nicht darum gehen, die Politik von der Senderaufsicht abzuhalten. Ja, ARD und ZDF sollen staatsfern sein, gleichzeitig haben die Länder die Rechtsaufsicht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Gesellschafts- oder Interessensvertreter?

Am ZDF zeigt sich aber, wie die Politik in der Anstalt zur Anstalt wurde: 77 Personen bilden den ZDF-Fernsehrat. Er stellt Richtlinien für alle Sendungen auf und berät den Intendanten in Programmfragen. Er überwacht die Einhaltung der Richtlinien und der im Staatsvertrag aufgestellten Grundsätze. Er setzt sich aus 31 Vertretern des Bundes, der Länder und der Parteien zusammen.

Die 46 anderen werden von Glaubensgemeinschaften geschickt, aus Kultur, Wissenschaft, Bildung oder Sport entsandt, einer ist von der Vereinigung der Opfer des Stalinismus. Sie alle repräsentieren gesellschaftlich relevante Gruppen.

Natürlich sind im 21. Jahrhundert noch andere Gruppen gesellschaftlich relevant, das eigentliche Problem aber steckt in der individuellen Auswahl ihrer Vertreter. Von den 46 sind derzeit mindestens ein gutes Drittel Parteimitglieder, womit der ZDF-Fernsehrat mehrheitlich politisch besetzt ist.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi weist außerdem auf "Interessenkollisionen" hin: Sportverbände oder Filmindustrie könnten Wettbewerbsvorteile genießen, weil das ZDF auch Sportrechtekäufer ist und einer der "größten Auftraggeber für die deutschen Film- und Fernsehproduzenten".

Das ist so, doch die Verfassungsrichter werden es vermutlich grundsätzlich halten. Es wird also darauf ankommen, ob das ZDF die Kraft hat, sich zu verändern, ob der Intendant stark genug ist, den Rückbau der politischen Architektur durchzusetzen.chk

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