Who’s in Charge
Bitte nicht von der Fahrstuhlmusik zu Beginn ablenken lassen: Bei Who’s in Charge geht es um die ganz großen Themen: künstliche Intelligenz, Roboter, eine Welt im Umbruch. Haben wir die Technologien, die wir geschaffen haben, noch unter Kontrolle? Die Podcast-Hosts Beth Wiesner und Antony Finn geben Einblicke in eine Tech-Branche, die sich in Lichtgeschwindigkeit neu erfinden muss. Dabei vergessen sie nicht, dass vom technologischen Wandel zunächst nur das oberste Prozent profitiert. In bislang fünf Folgen (die erste Staffel des englischsprachigen Podcasts läuft aktuell) fragen sie nun: Muss das so bleiben? Thematisch schlägt Who’s in Charge einen Bogen von den Anfängen der Industrialisierung bis hin zu Sci-Fi-Dystopien, die wir aus dem Kino kennen. Dabei verzeiht man ihnen gerne den großzügigen Einsatz von Corporate-Vokabular („growth mindset“). Es wäre leicht, bei so viel Veränderung den Kopf in den Sand zu stecken. Doch Wiesner und Finn strahlen eine beruhigende Zuversicht aus, sind aufrichtig begeistert, dass Roboter bald unsere Hunde Gassi führen oder man zumindest Chat-GPT im Büro benutzt. Ein Podcast für alle, die irgendwo zwischen Pferdekutsche und Pizza ausliefernder Drohne ausgestiegen sind und jetzt wieder aufspringen wollen. Thore Rausch
Internet Girl
Was bedeutet „holding space“, das Meme, das rund um Ariana Grande, Cynthia Erivo und den neuen „Wicked“-Film entstand? Warum scrollen wir ohne Pause bis spät in die Nacht durch Social Media, auch wenn wir genau wissen, dass es uns schadet und kostbaren Schlaf raubt? Und was haben Tradwife Nara Smith und Brat-Popstar Charli XCX gemeinsam? Diesen Fragen geht Valentina Vapaux in ihrem Podcast nach. Die Kulturjournalistin und Autorin ist Teil der Gen Z und spricht auch so. Hier geht es um Memes, digitale Trends und Hypes, erzählt in einer Sprache, die für Ältere vielleicht unverständlich ist, die unter anderem vor Anglizismen nur so strotzt. Erfrischend ist Vapaux’ Sicht jedenfalls, denn sie zeigt, wie viel hinter Memes und anderen Entwicklungen aus dem Internet steckt, was sie über die Gesellschaft und den Zeitgeist aussagen. Diese Auseinandersetzung mit Netz-Phänomenen ist persönlich – Vapaux macht sich mit eigenen Anekdoten nahbar –, kritisch und literaturtheoretisch. Und obendrein unterhaltsam. Lara Marmsoler

Spielfilmtipps zum Wochenende:Es gilt das Faustrecht
„A Quiet Place 2“, „Der Schuh des Manitu – Extra Large“, „Ruf der Wildnis“ und „Entführt in Louisiana“: die Filmtipps zum Wochenende.
Plus Ultra
Einige Wochen noch, dann umfasst der Podcast Geschichten aus der Geschichte von Richard Hemmer und Daniel Meßner sagenhafte 500 Folgen. Das Prinzip: Für jede Episode wählen die Hosts sich ein historisches Ereignis oder einen historischen Zusammenhang aus, über den sie sprechen, manchmal ist es auch nur eine Anekdote. Und in der Regel erzählt einer dem anderen davon, der andere vertieft dieses Gespräch durch kluge Nachfragen. Für Plus Ultra haben sich Hemmer und Meßner nun mit der Podcast-Produktionsfirma Studio Bummens zusammengetan, um über sieben Episoden hinweg einen größeren Komplex darzustellen: Es geht um die Vorgeschichte des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648), die für Hemmer und Meßner spätestens weitere dreißig Jahre zuvor beginnt – damit, dass der spätere deutsche Kaiser Ferdinand II. 1590 im Kindesalter Erzherzog von Innerösterreich wurde und damit der wichtigste Kämpfer für den Katholizismus auf den Plan trat. Die Hosts verfahren wie in Geschichten aus der Geschichte: Im Wechsel ist einer der Experte, der andere der wissbegierige Zuhörer. So gut es geht, erzählen sie aus der Perspektive ihrer Protagonisten. Sofern es zeitgenössische Texte gibt, liest die in jeder Episode ein Gast vor: Melika Foroutan, Olli Schulz, Edin Hasanović ... Der Titel Plus Ultra – „immer mehr“ – ist der Wahlspruch der Habsburger. Die Vorgeschichte des Dreißigjährigen Krieges ist die einer immerwährenden Eskalation. Hemmer und Meßner ziehen vorsichtige Parallelen zur Gegenwart. Stefan Fischer
Zirkusträumer Roncalli
Glitzernde Kostüme, festliche Musik, Clowns mit roten Nasen und beeindruckende Raubkatzenpranken – das ist das Bild, das Kinderaugen typischerweise mit dem Zirkus verbinden. Später blicken wir oft nüchterner auf das Spektakel, viele verurteilen die Tierquälerei, die damit einhergehen kann. Genau in diesem Kontext passt der Podcast Zirkusträumer Roncalli. Durch Interviews mit Bernhard Paul, dem Gründer und Revolutionär der Zirkusbranche, und seiner Tochter Lilli Paul, wird man in die Anfänge des Roncalli Zirkus zurückversetzt. Paul baute als Kind seine erste Bühne aus alten Obstkisten und Schuhkartons, inspiriert vom Circus Krone. Die sechsteilige Podcast-Serie des NDR, gesprochen von Gundi Schulze, behandelt die Höhen und Tiefen des Familienunternehmens, Schulden, Pauls Kennenlerngeschichte mit seiner Frau Eliana und einen tragischen Unfall. Von der ersten improvisierten Bühne bis hin zu einzigartigen Seiltänzern und Feuerschluckern wird das Leben in der Manege beleuchtet – ganz ohne Tiere und ohne Tierwohl zu gefährden. Laetitia Feddersen