Süddeutsche Zeitung

Podcast-Tipps im Januar:Historisch wertvoll

Diplomatie im Barock, die Erinnerungen eines Korrespondenten und Kaiserin Sisi: vier Podcast-Empfehlungen.

Von SZ-Autorinnen und -Autoren

Geschichten aus der Geschichte.FM

geschichte.fm

Am interessantesten ist Geschichte dann, wenn sie anschaulich wird. Zum Beispiel anhand vermeintlich unbekannter Begebenheiten. Auf diese Geschichten aus der Geschichte kommt es Richard Hemmer und Daniel Meßner in ihrem Podcast an. Es geht um Episoden, die nicht zwingend im Geschichtsbuch stehen und auch nicht in der nächsten Arte-Doku verhandelt werden. Sondern um eine Frau namens Mary Toft, die angeblich Hasen geboren haben soll, der Aufstieg und mögliche Fall der Banane oder eine kleine Geschichte des japanischen Nudelgerichts Ramen. Mit Liebe zum Detail und Lust am Erzählen widmen sich die Historiker seit inzwischen sechs Jahren jeder noch so abseitigen Geschichte. Immer einer recherchiert das Thema einer Folge - oft liegen Tipps der Hörerinnen und Hörer zugrunde -, ohne den anderen vorab zu informieren. Und wenn dann auch mal klassischere Themen vorkommen wie die Novemberrevolution 1918 oder Harriet Tubman und die Underground Railroad, nehmen die beiden auch da einen besonderen Blickwinkel ein. Inzwischen können Hemmer und Meßner bei mehr als 300 Folgen Geschichten aus der Geschichte sogar von einer Folge auf eine themenverwandte verweisen. Langweilig wird es jedenfalls nicht. Carolin Gasteiger

Spiegel Geschichte

spiegel.de

Seit Sommer vergangenen Jahres produziert der Spiegel Geschichts-Podcasts. Von mittelalterlichen Folterinstrumenten über Diplomatie im Barock bis zum RAF-Terror der Siebzigerjahre: Das Format behandelt detailreich ausgewählte Phänomene oder Begebenheiten mit Journalisten oder Historikern als Gästen. Auch einzelne Biografien wie die des deutsch-italienischen Mafioso Giorgio Basile, dem "Paten von Mühlheim", werden erzählt. Herzstück des Podcasts sind spannende Artikel oder Textausschnitte zum Thema, hörbuchartig vorgelesen. Am Ende einer Folge steht jeweils ein Interview mit den Autorinnen und Autoren dieser Artikel. Das Zuhören macht Spaß, weil deren vorgelesene Texte sauber recherchiert und packend geschrieben sind. Moderator ist der Spiegel-Redakteur und Sachbuchautor Danny Kringiel. Neue Folgen erscheinen alle zwei Wochen. Leo Kilz

Fritz Pleitgen - Sein Leben

ardaudiothek.de

Wenn der Journalist und ehemalige WDR-Intendant Fritz Pleitgen von seinem Leben berichtet, dann wird er automatisch zu einem besonderen Zeitzeugen. Die Anfänge, geschildert in der ersten von sieben Folgen, sind für einen Deutschen des Jahrgangs 1938 noch recht typisch: Pleitgen ist spät genug geboren, um im Zweiten Weltkrieg nicht kämpfen zu müssen, er hat jedoch die Nöte der Zivilbevölkerung in den Kriegs- und den unmittelbaren Nachkriegsjahren als prägend erlebt. Was danach kam, war jedoch außergewöhnlich: Pleitgen war in den Siebzigerjahren ARD-Korrespondent in Moskau, wo es ihm mit Chuzpe gelang, als einer von wenigen westlichen Journalisten ein Interview mit dem sowjetischen Staatschef Leonid Breschnew zu führen. Anschließend hat er aus Ostberlin und Washington berichtet. Pleitgen hat Weltgeschichte oft aus erster Hand erlebt und zugleich fremden Alltag. Er spricht darüber, von seinem ehemaligen WDR-Kollegen Jochen Rausch befragt, ganz uneitel und sehr reflektiert. Nebenbei erfährt man einiges aus seinem Privatleben und darüber, wie Journalismus funktioniert. Stefan Fischer

Sisi - ihrer Zeit voraus

audionow.de

Wenn schon Sisi, dann aber richtig. Das Revival der österreichischen Kaiserin als Film- und Serienfigur läuft gerade auf Hochtouren, da liegt es nur nahe, dass die Macher der RTL-Serie Sisi auch gleich einen Podcast mitliefern. Aber Sisi - ihrer Zeit voraus als reinen Marketingcoup abzutun, wird dem Podcast nicht gerecht. Widmet er sich doch der historischen Kaiserin Elisabeth und nicht einer fiktionalen Figur wie die Serie. Das schafft der Host Tim Pommerenke, indem er viele Expertinnen und Experten zu Wort kommen lässt. Etliches in den fünf Folgen mag Connaisseuren zwar bekannt sein. Dennoch: Die jeweils unterschiedlichen Aspekte der Persönlichkeit Sisis und dass sie keiner der Interviewten so richtig zu fassen bekommt, machen den Podcast hörenswert. In einer Folge reist Pommerenke nach Budapest, um das besondere Verhältnis Sisis zu Ungarn zu erläutern. In einer anderen erläutert der Historiker Alfons Schweiggert, wie sich die österreichische Kaiserin ihre eigene Religion aus griechischen und römischen Göttererzählungen, aus Schopenhauer, Nietzsche und Shakespeare zusammenwob. Aufgelockert werden die Gespräche mit Passagen aus den Tagebüchern Sisis. Zwar kann auch dieser Podcast nicht klären, wer Sisi wirklich war. Aber er schafft es, wie Pommerenke am Ende erklärt, aufzuzeigen, "wer sie für so viele Menschen auf so unterschiedliche Art und Weise sein kann". Carolin Gasteiger

sz.de/podcast-tipps

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5510102
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/sfi/hy
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.