Podcasts des Monats:Das sind die Podcast-Tipps im Januar

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(Foto: SZ)

Eines der verstörendsten Verbrechen Berlins, klug gemachter Tratsch und Boris Becker mal anders: Unsere Empfehlungen für Januar.

Von SZ-Autoren

Wer hat Burak erschossen?

rbb-online.de/rbbkultur

Fünf Freunde in Berlin-Neukölln, April 2012. Sie unterhalten sich, lachen, trinken vor einem Wohnhaus, als ein Mann auftaucht, eine Waffe zieht und schießt. Zwei junge Männer werden schwer verletzt, der 22-jährige Burak Bektaş stirbt. Dieser Mord ist eines der verstörendsten Verbrechen Berlins: Denn obwohl schnell klar war, dass Bektaş einem Hassverbrechen zum Opfer gefallen sein muss, wurde der Täter bis heute nicht gefunden. Der Journalist Philip Meinhold beschäftigt sich seit Jahren mit dem Fall und hat seinen Podcast dazu kürzlich noch einmal aktualisiert. Seine Recherche ist eine Reise in die Finsternis: zu Angehörigen und Freunden der Opfer, deren Leben zerstört sind, zu einer rechtsextremen Szene, die in Neukölln Menschen terrorisiert, zu überforderten Ermittlern, die Hinweisen nicht nachgehen. Wenn man den Podcast hört, wird klar, wie wenig Hoffnung besteht, dass die Berliner Behörden diesen Fall noch aufklären. Aber immerhin gibt es Journalisten, die nicht lockerlassen. Verena Mayer

Im Dunkeln - Der Fall Rebecca Reusch

podimo.com/de

True-Crime-Podcasts gibt es Hunderte, aber dieser ragt heraus. Statt einen Kriminalfall nur nachzuerzählen, nehmen Lena Niethammer und Miriam Arndts ihr Publikum mit auf eine investigative Spurensuche. Man ist dabei, wenn sie mit Forensikern und Ermittlern, mit Schulfreunden, Rebeccas Cousine und Florians Schwester sprechen. Mehr als 100 Zeugen befragen die Journalistinnen für acht spannende Folgen. Monatelang recherchieren sie im Fall der vermissten Berliner Schülerin Rebecca Reusch, die am Abend des 17. Februar 2020 auf der Couch ihrer großen Schwester einschläft und am nächsten Tag in der Schule fehlt. Schnell gerät ihr Schwager Florian in Verdacht, die 15-Jährige getötet zu haben. Zweimal wird er verhaftet, doch die Beweise reichen nicht aus. Ist der Fall wirklich so eindeutig, wie die Polizei glaubt? PS: Es wird nicht empfohlen, diesen Podcast im Dunkeln alleine im Auto zu hören. Jana Stegemann

Boris Becker - Der fünfte Satz

music.amazon.de

Boris Becker hat sich zuletzt verändert. Findet Boris Becker. Kochen habe er gelernt während des Lockdowns und Lebensmittel einzukaufen. Wichtiger aber: Er habe seinen Freundeskreis reduziert, sich von Schulterklopfern getrennt. Und er halte sein Privatleben inzwischen aus der Öffentlichkeit heraus. Beckers Vertrauen in die deutschen Medien darf man getrost als gestört bezeichnen. Weshalb er sich in dem fünfteiligen Gesprächs-Podcast Johannes B. Kerner anvertraut, von dem er weiß, dass er ihm nichts Böses will. Kerner konfrontiert den bis heute besten deutschen Tennisspieler denn auch nur sanft mit Widersprüchen, und bleibt, wo er das angemessen findet, diskret. Becker soll sich nicht rechtfertigen, er soll erzählen. Aus seinem Leben, seine Sicht der Dinge. Je nachdem, welches Bild man von ihm hat, verschiebt sich die Wahrnehmung seiner Person womöglich tatsächlich. Vielsagend ist der Podcast in jedem Fall. Und am spannendsten nicht da, wo Boris Becker über seine Tenniskarriere spricht. Sondern über Rassismus. Stefan Fischer

Tratsch & Tacheles

tratsch-und-tacheles.podigee.io

Worüber spricht Deutschland, worüber tratscht die Welt und vor allem: Was sagt das über unsere Gesellschaft aus? Denn Hadnet Tesfai und Tarik Tesfu sind überzeugt: "Tratsch ist immer auch politisch". In der Folge New Year, New Me, New Kilo-Krise sprechen die beiden darüber, wie problematisch es ist, dass sogenannte Frauenmagazine dem Thema Diäten zum Jahresbeginn ganze Ausgaben widmen und damit nichts anderes als Bodyshaming betreiben. Und dass der Bodymaßindex rassistisch und sexistisch sei, weil sein Maßstab weiße, männliche Europäer sind. Neben Debatten aus Klatschpresse und sozialen Medien gibt es zwei feste Rubriken: Rant a Hadi, darin regt sich Tesfai 60 Sekunden über ein Thema auf, und Tariks Sternstunde, da liest Tesfu mal Jesus das Horoskop vor, mal legt er Tarotkarten. Der unterhaltsame und kluge Podcast liefere, das versprechen Tesfai und Tesfu, "Angeber*innenwissen für den nächsten Besuch im Frisierladen". Jacqueline Lang

Sack Reis

dasding.de

Merve Kayikci, Malcolm Ohanwe und Ramin Sina wollen persönliche, individuelle Geschichten hören, aus Hongkong, Chile, Polen ... Geschichten, die fern von der Lebensrealität des Publikums sind, das sie mit ihrem Podcast für "Das Ding", das junge Angebot von SWR und SR, erreichen. Die Moderatoren selbst zeigen sich gelegentlich überrascht von dem, was ihre Gesprächspartner erzählen. Etwa, dass die Aktivistin Sofia zwei Tage lang aus ihrer Heimat Nigeria flüchten muss, weil sie ihre Stimme gegen Polizeigewalt erhoben hatte. Oder wenn Malcolm (nicht der Moderator), der in Hongkong gegen den wachsenden Einfluss Chinas protestiert, sich als Trump-Unterstützer zu erkennen gibt. Im Plauderton wird über Probleme und Ängste junger Menschen in anderen Ländern gesprochen, und wie sie gegen Missstände aufbegehren. Bagatellisiert wird aber nichts. Fabian Dombrowski

sz.de/podcast-tipps

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