Podcast:Nur der HSV

Podcast: Protagonist Bassam erzählt die Geschichte einer Flucht, die eines Ankommens, die Geschichte von Ängsten, Zweifeln und auch Hoffnung.

Protagonist Bassam erzählt die Geschichte einer Flucht, die eines Ankommens, die Geschichte von Ängsten, Zweifeln und auch Hoffnung.

(Foto: Podstars by OMR)

Der Podcast "Bassam" rekapituliert die Flucht seines Protagonisten von Syrien nach Hamburg. Zum Nachdenken regt vor allem die Geschichte seines Ankommens an.

Von Moritz Baumstieger

Welche Nebensächlichkeiten bei Lebensentscheidungen den Ausschlag geben können, ist immer wieder verblüffend. Bei Bassam war es das Vereinslogo des Fußballklubs HSV. Das war mitentscheidend dafür war, dass der junge Mann, vor 22 Jahren im Süden Syriens geboren, heute in Hamburg wohnt. Die Raute in Blau, Schwarz und Weiß hatte ihm immer gefallen, auch damals schon, als er noch in der Stadt Daraa wohnte und ab und zu die Bundesliga guckte. Als noch Frieden war in Syrien und Bassam ein Kind.

"Ich hatte eine schöne Kindheit, aber nicht genug", sagt Bassam in dem sechsteiligen Podcast, der seinen Namen trägt. Und in dem Bassam seine Geschichte erzählt - die Geschichte einer Flucht, die eines Ankommens, die Geschichte von Ängsten, Zweifeln und auch Hoffnung. Als Bassam zwölf Jahre alt war, endete seine Kindheit abrupt: In seiner Heimatstadt begannen die ersten Demonstrationen gegen das Regime, in Syrien hat Daraa seither den Beinamen "Wiege der Revolution". Diktator Baschar al-Assad schickte Soldaten, Panzer, die Luftwaffe. Als einmal an einem Tag 32 Bomben auf sein Dorf niedergehen, trifft eine von ihnen ein Nachbargebäude. "Sehr schlimm, aber sehr witzige Situation", sagt Bassam, wenn er von dieser Nacht erzählt: Trotz des höllischen Lärms der Explosion habe er einfach weitergeschlafen. "Ich bin damals nicht aufgewacht."

Seine Erinnerungen erzählt Bassam ungekünstelt, mal eindringlich, mal witzig

Ausschlaggebend, dass Bassam nun in Hamburg wohnt, ist somit natürlich in erster Linie der Krieg, den Assad gegen sein eigenes Volk begann und der bis heute zu keinem Ende gekommen ist: Kurz vor seinem 16. Geburtstag überredete Bassam die Eltern, auch ihn ziehen zu lassen, den jüngsten ihrer sieben Söhne. Er will nach Europa, bevor auch auf seine Schule eine Bombe fällt. "Bassam" erzählt nun zunächst die gefährlichen Umstände seiner Flucht, von Geiselnahmen durch den IS, Grenzen mit Stacheldraht, vom Grauen der Überfahrt mit einem löchrigen Boot, in dem Schlepper Bassams Gruppe aufs Mittelmeer geschickt haben. Am Ende der Fluchtgeschichte kommt dann die Raute des HSV ins Spiel, als Bassam in Deutschland angekommen ist, wo er keinen kennt, wo er zu keinem Ort einen Bezug hat, außer über den Fußball. Also entschließt er sich, eben dort sein Glück zu versuchen, wo die Fußballer dieses schöne Logo haben.

Seine Erinnerungen erzählt Bassam ungekünstelt, mal eindringlich, mal witzig. Der Sog seiner Geschichte wird höchstens dadurch gemindert, dass das Team um den Journalisten Tim Sohr, der Bassam 2016 bei einem "Welcome Dinner" kennenlernte, ein bisschen zu häufig unterbricht. Um Einordnungen zu liefern, um die Politik Europas zu bilanzieren, um auf Spendenaktionen hinzuweisen, auf Parallelen zur momentanen Situation.

Denn in diesen Tagen fliehen wieder Tausende Menschen vor einem Krieg, diesmal aus der Ukraine. Trotz der Dramatik von Bassams Fluchtgeschichte ist es so vielleicht eher der zweite Teil von seiner Geschichte, der in diesen Tagen zum Nachdenken anregt: Bassams sehr ehrliche Erzählung von den Schwierigkeiten beim Ankommen, von Einsamkeit und Depressionen, als er eigentlich endlich in Sicherheit ist. In der Stadt, in der Fußballer die schöne Raute auf der Brust tragen - und die Bassam heute sein Zuhause nennt.

"Bassam", sechs Folgen, Podstars by OMR.

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(Foto: Podstars)
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