Podcasts-Tipps im August:Das sind die Podcasts des Monats

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Illustration: Luis Murschetz

Koks in Bananenkisten, eine Frau wird Kanzlerin, ein Promi verschwindet spurlos: Unsere Empfehlungen im August.

Von SZ-Autoren

Merkel-Jahre

deutschlandfunkkultur.de

Die Frage, wie wahrscheinlich Angela Merkels politische Karriere war, stellte sich für mich als Kind der Neunzigerjahre nicht. Die in Ostdeutschland aufgewachsene Frau hatte bereits seit Jahren die Bundespolitik geprägt, als mein politisches Bewusstsein aufkam. Da schaut man nicht überrascht ins Kanzleramt, sondern mit einem gewissen Selbstverständnis. Für die Generation der Babyboomer, die mit Kanzlermännern wie Brandt, Schmidt und Kohl aufwuchs, war sie als erste deutsche Regierungschefin jedoch unvorhersehbar. In ihrer sechsteiligen Feature-Serie lassen Stephan Detjen und Tom Schimmeck Merkels Kindheit und Jugend in Templin, ihren Aufstieg in der CDU und ihre Amtszeit Revue passieren. Zeitzeuginnen und Wegbegleiter kommen zu Wort, darunter Ex-Minister Thomas de Maizière, Ex-Konkurrent Peer Steinbrück und Ex-EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Durch Anekdoten und Originalaufnahmen werden die Zuhörer in der Zeit zurück katapultiert und entwickeln ein Gespür für Merkels Akribie, Wandlungs- und Beobachtungsgabe. Bei ihrer Parodie von Putin und Trump im Kanzlerflieger wäre man gerne dabei gewesen. Lena Reuters

The Big Ponder

rbb-online.de/podcasts

Da ist zum Beispiel die Geschichte von der Kokosnuss und dem Pfirsich. Amerikaner, so ein gängiges Vorurteil in Deutschland, seien nach außen hin offen und freundlich, doch unter der süßen Oberfläche stoße man schnell auf einen harten Kern - wie beim Pfirsich. Deutsche, so sehen es manche in den USA, seien dagegen wie eine Kokosnuss: An der Schale beißt man sich die Zähne aus, der Inhalt aber ist genießbar. In The Big Ponder, einer deutsch-englischen Produktion des Senders RBB und des Goethe-Instituts, geht es auch um solche Vorurteile, die die transatlantische Beziehung prägen. Dabei gibt es zwischen beiden Kulturen viel mehr Facettenreichtum, wie die Macher der achtteiligen Serie eindrücklich beweisen. Sie stellen eine Brieffreundschaft zwischen Nashville und Magdeburg vor, die als Sprachprojekt begann und nun viel mehr ist als das. Sie öffnen den Blick für all die "Little Americas", wie die US-Kasernen in Deutschland liebevoll genannt werden, in denen rund 35 000 Soldaten stationiert sind. Und sie erzählen die Geschichte des Physikers Bob, der sowohl das ländliche Ohio als auch das urbane Berlin als Heimat empfindet. Der Podcast befragt, erklärt, legt Gräben offen und schafft zugleich Raum für Verbindendes. Eine Mischung, die nicht nur den Ohren von USA-Fans vorbehalten bleiben sollte. Sarah Zapf

Ein Mensch verschwindet

podimo.com

Vor drei Jahren ist Daniel Küblböck an Bord eines Kreuzfahrtschiffes verschwunden. Man muss davon ausgehen, dass er über Bord gegangen und tot ist. Zu diesem Zeitpunkt definierte sich Küblböck endgültig als Transperson und nannte sich Lana Kaiser. Der Host des zehnteiligen Podcasts für die Plattform Podimo, Tom Ehrhardt, und sein Team präsentieren Küblböck/Kaiser als frühe queere Ikone in Deutschland und als komplexe Persönlichkeit - nicht als einen öffentlichkeitsgeilen, sich selbst maßlos überschätzenden Teenager, als der er oftmals dargestellt worden ist. "Wir weigern uns, diesen Menschen als lächerliche und tragische Figur zu begreifen", heißt es in jeder Folge. Die Geschichte Küblböcks kann nicht erzählt werden ohne ihre boulevard-mediale Dimension. Das bekam im Sommer 2018 auch die Berliner Schauspielschule zu spüren, an der Küblböck zuletzt studiert hatte. Etliche Journalisten meinten dort den Grund für den vermeintlichen Suizid der TV-Figur gefunden zu haben. Dieser Podcast macht es sich bei Weitem nicht so leicht in der Beurteilung von Personen und Geschehnissen, lässt auch Widersprüche stehen. Die gehören in diesem Fall schlicht dazu. Dabei geht Ehrhardt, wo notwendig, durchaus hart ins Gericht mit Küblböck/Kaiser - aber selbst in diesen Szenen stets respektvoll. Stefan Fischer

Die Kokain-Welle

ardaudiothek.de

Gute Geschichten leben von Überraschung, Spannung, Kuriosem und, ja, manchmal auch von Klischees - solange sie nicht zu aufdringlich werden. Die Drogenkriminalität liefert da perfekte Vorlagen, weshalb es kein Wunder ist, dass sich die dritte Staffel des NDR-Podcasts Organisiertes Verbrechen - Recherchen im Verborgenen ziemlich gut weghören lässt. In drei Folgen beleuchten die Investigativreporter Philipp Eckstein, Volkmar Kabisch und Benedikt Strunz die "Kokain-Welle" und zeichnen sehr anschaulich nach, über welche Wege die Droge Europa überschwemmt. Zu Wort kommen auch Experten aus Polizei und Politik, die wertvolle Details zur Spurensuche beitragen. Überraschend: Zum Schmuggeln bemühen sich Drogenbanden schon mal um ein Flugzeug aus dem Vatikan. Wenn der Papst das wüsste! Spannend: In Antwerpen kämpft ein rechter Bürgermeister hart gegen den wachsenden Kokain-Handel in seiner Stadt. Weil die Schmuggler hin und wieder zur Waffe greifen und auch schießen, steht der Politiker nun unter Polizeischutz. Kurios: Die amateurhaft versteckten Koks-Pakete in Bananenkisten, die in deutschen Rewe-Supermärkten beinahe in den Handel gelangten. Klischeehaft: die üblichen Mafiabanden aus Italien und Albanien, die ihre Drogendeals mit lateinamerikanischen Kartellen abwickeln - und natürlich der Deutschrap im Hintergrund des Podcasts. Thomas Balbierer

sz.de/podcast-tipps

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