"Playboy"-Chef Boitin:"Heterosexuell, 40 Jahre, konsumorientiert"

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Playboy-Deutschland-Chef Florian Boitin über Simone Thomalla, den durchschnittlichen Leser und Internetstrategien.

Christina Maria Berr

Seit einem Jahr ist Florian Boitin Chefredakteur des deutschen Playboy . Mit sueddeutsche.de spricht er über den Erfolg von Simone Thomalla auf dem Cover, über Internetstrategien und einem Mann auf dem Umschlag.

"Playboy"
:Viele Hasen für den Herren

"Playboy" in der ganzen Welt: Gründer Hugh Hefner schaffte ein neues Magazin und damit ein weltweites Medienimperium.

sueddeutsche.de: In diesem Monat sind Sie seit zwölf Monaten Playboy-Chef. Wie fällt Ihre Jahresbilanz aus?

Florian Boitin: Dieses Jahr verging wirklich rasend schnell. Ich hatte auch nicht vermutet, dass es derart vielseitig und abwechslungsreich, aber auch so herausfordernd wird. Im Grunde genommen bin ich ja Chefredakteur der "Marke" Playboy. Wir haben die Kioskauflage gesteigert, uns mit unserem Online-Auftritt gut weiterentwickelt, mehr Mitglieder gewonnen, einen Leserbeirat gegründet und neue Plattformen geschaffen - wie etwa Playmate Casting. Dort können sich jetzt Kandidatinnen online bewerben und die User stimmen für ihre Favoritin.

sueddeutsche.de: So ähnlich läuft es beim amerikanischen Ur- Playboy. Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit dem Mutterblatt?

Boitin: Traditionell gut. Die Amerikaner schreiben uns nicht vor, was für uns gut sein mag, wir gehen unseren eigenen Weg. Aber natürlich bekommen wir von dort, wie von anderen Playboy-Redaktionen auf der Welt, viel Input. Ich war gerade erst in Argentinien und habe den dortigen Playboy besucht. Es findet ein sehr kollegialer Austausch statt.

sueddeutsche.de: Sie sprechen vom Ausbau der Plattformen im Netz. Wollen Sie künftig Bilder und Texte nur gegen Geld, als Paid Content, anbieten?

Boitin: Auf keinen Fall. Wir bauen unser System auf zwei Säulen auf: Paid und Free. Es wird auch weiterhin eine kostenfreie Seite im Netz geben und den kostenpflichtigen Mitgliederbereich - wie jetzt auch. Was die Erlöse angeht, ist das etwa fifty-fifty. Wir haben auf der freien Seite 260.000 Besucher (Unique User) bei 1,5 Millionen Visits im Monat und 13.000 Mitglieder im Cyberclub, die für unseren exklusiven Content zahlen. Um dieses ausgewogene System beneiden uns viele. Dazu kommen noch die Paid-Content-Bereiche auf unseren mobilen Plattformen.

sueddeutsche.de: Bleibt die schwierige Aufgabe, die Auflage des gedruckten Playboy-Magazins zu halten.

Boitin: Wir machen aktuell im ersten Quartal 2010 im Einzelverkauf zehn Prozent plus zum Vorjahr. Aber ich möchte mich an einer Langzeitentwicklung messen lassen. Das Ziel war ja, die Auflage zu steigern. Bislang ist uns das sehr gut gelungen.

sueddeutsche.de: Am Kiosk verkaufen Sie aber immer noch weniger als 100.000 Exemplare.

Boitin: Diese Schallmauer haben wir in diesem Jahr bereits mehrfach durchbrochen - und zwar nicht nur im Februar mit Simone Thomalla auf dem Titel.

sueddeutsche.de: Also ist die Leipziger Tatort-Kommissarin offenbar die Frau, die dem Männeridol entspricht.

Boitin: So einfach ist es leider nicht, sonst könnten wir jeden Monat eine Thomalla auf den Titel heben. Bei ihr war ich mir allerdings ziemlich sicher, dass es funktioniert.

sueddeutsche.de: Inwiefern?

Boitin: Simone Thomalla stellt etwas dar. Sie ist eine Frau und kein Mädchen. Das finden Männer durchaus attraktiv, denn der Playboy ist ja ebenfalls erwachsen. Die Männer kennen sie aus dem Tatort - den gucken immerhin zehn Millionen Zuschauer. Und sie kennen Simone Thomalla aus dem Boulevard durch ihre Trennung vom Fußballmanager Rudi Assauer. Drittens kennen sie Thomalla aus einem lustigen Bier-Spot. Das heißt, sie hat eine große mediale Präsenz. Da kaufen auch Frauen schon mal gerne den Titel. Es geht ja beim Playboy nicht ausschließlich um das Nacktsein an sich.

sueddeutsche.de: Neben der seriösen Thomalla wurde kürzlich erstmals ein Mann auf der letzten Umschlagsseite abgebildet. Geht der Trend weg von der prallen Erotik? Wird Playboy seriös?

Boitin: Ich mag die Formulierung seriös nicht, das klingt mir zu ernsthaft. Es geht um die Relevanz männlicher Lebenswelten. Da spielen natürlich Sex und Erotik eine Rolle, das wird immer Teil der DNS von Playboy bleiben. Aber noch viel mehr geht es darum, Männer zu unterhalten. Im Untertitel steht nicht ohne Grund: "Alles, was Männern Spaß macht."

sueddeutsche.de: Kommt der Mann irgendwann von der Rückseite auf die Vorderseite des Playboy?

Boitin: Die Erwartungshaltung der Leser an den Playboy ist eindeutig - und so wird der weibliche Titelstar bleiben. Da hat der Gründer Hugh Hefner bereits mit der ersten Ausgabe mit Marilyn Monroe die Messlatte festgelegt. Das wird so bleiben. Also kommt auch kein Mann aufs Titelbild und es wird auch keine nackten Männer im Heft geben.

sueddeutsche.de: Was zeichnet den typischen Playboy-Leser aus - außer, dass er heterosexuell ist.

Boitin: Klar, prinzipiell ist er heterosexuell, im Schnitt 40 Jahre alt, er spielt eher selten Golf, hat gehobene Bildung und ein überdurchschnittliches Einkommen. Er hat sich gerade seine neue Hifi-Anlage oder einen neuen Flat-TV gekauft, fährt gerne den neuen 3er-BMW und ist grundsätzlich sehr konsumorientiert.

sueddeutsche.de: Ist denn das Lifetime-Abo noch eine Größe im Verlagshaus Burda? Lebenslänglich Playboy, gibt es das noch?

Boitin: Ja, aber so widersprüchlich das klingen mag: Wir bewerben das nicht mehr, weil das Abo so erfolgreich war. Es handelt sich um eine einmalige Aktion, die natürlich kein Businessmodell an sich sein kann. Es soll vielmehr ein Lebensgefühl ausdrücken: Playboy ist kein Lebensabschnittsgefährte, sondern ein lebenslanger Begleiter.

sueddeutsche.de: Der Anteil der Leserinnen liegt bei etwa 15 Prozent. Sollen es mehr werden?

Boitin: Wir haben nichts dagegen, wenn Frauen Playboy lesen, aber wir werden immer ein Männermagazin bleiben.

sueddeutsche.de: Künftig soll es, so haben Sie angekündigt, mehr um Lebensart gehen. Was heißt das?

Boitin: Das moderne Männerideal ist nicht mehr der Typ Playboy wie ihn einst ein Gunter Sachs verkörperte. Und der Playboy heute soll den Mann in Alltagsfragen beraten.

sueddeutsche.de: Das heißt, Sie geben ihm Tipps, wie er den Balkon bepflanzen könnte?

Boitin: Soweit geht es nicht, auch wenn bestimmt einige Gärtner unter unseren Lesern sind. Ziel ist, den Mann erfolgreich zu machen. Dabei soll er sich wohlfühlen. Und wir wollen ihn in seiner Souveränität bestärken. Da zeigen wir zum Beispiel den Mann mit passendem Outfit, wie aktuell etwa Thomas Kretschmann auf dem Playboy-Rückcover.

sueddeutsche.de: Sie haben auch eine Pokerplattform gestartet und einen Playboy-Wein herausgebracht. Damit soll das Geschäft rund um das eigentliche Journalismus-Geschäft aufgebaut werden.

Boitin: Die Marke Playboy hat sehr spannende Facetten. Seit der Übernahme der Lizenz durch Huber Burda Media war es die Strategie, die Marke ganzheitlich zu führen. Deshalb waren wir von Anfang an sehr aktiv in den digitalen Märkten und haben über die Jahre auch ein erfolgreiches Event-Business aufgebaut. Diese Strategie werden wir weiter verfolgen und testen regelmäßig neue Geschäftsfelder. Der Star ist und bleibt jedoch das Magazin. Journalismus ist unser Kerngeschäft.

sueddeutsche.de: Die Playboy-Chefredaktion wechselte recht häufig. Wie lange bleiben Sie?

Boitin: Sofern man mich lässt mindestens die nächsten 30 Jahre.

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