Personality-Magazine:In eigenen Sachen

Collage Medien

Magazinmacher in Teilzeit: die TV-Promis Barbara Schöneberger, Guido Maria Kretschmer (rechts), Joko Winterscheidt (links) und Fußballer Jérôme Boateng.

(Foto: Collage: SZ/dpa(3), Getty)
  • Personality-Magazine liegen im Trend: Allein diese Woche sind die Starts von Sophia Thiel und Philipp vermeldet worden.
  • Viele der Promis, die hinter den Zeitschriften stehen, sind zugleich Unternehmer. In manchen dieser Magazine werden ihre Produkte auf redaktionellen Seiten vorgestellt.
  • Doch dürften Promis mit eigenen wirtschaftlichen Interessen presserechtlich überhaupt Mitarbeiter eines journalistischen Mediums sein?

Von Kathrin Hollmer

Wo Guido, Barbara oder Lafer draufsteht, sind auch Guido, Barbara und Lafer drin. Das ist das Versprechen der Personality-Magazine, von denen es immer mehr am Kiosk gibt. Allein diese Woche sind die Starts zweier Titel vermeldet worden: Sophia Thiel (Boxerin) und Philipp (gemeint ist der Internetunternehmer Philipp Westermeyer). Designer Guido Maria Kretschmer hat ein Heft, Fußballer Jérôme Boateng, Moderator Joko Winterscheidt, Koch Johann Lafer, Moderatorin Birgit Schrowange - und ihre Kollegin Barbara Schöneberger sowieso schon lange.

Viele von ihnen sind zugleich Unternehmer, in manchen dieser Magazine werden ihre Produkte auf redaktionellen Seiten vorgestellt. Kleidung, Accessoires und Küchenzubehör, alles, was sie mit entwerfen oder für das sie zumindest ihren Namen hergegeben haben, womit sie Geld verdienen, wird beworben. Dabei schreiben das Pressegesetz und der Pressekodex die Trennung von redaktionellen und bezahlten Inhalten vor. Wie soll das gewährleistet sein, wenn Redaktionsmitglieder, teils in leitender Funktion, selbst Hersteller redaktionell ausgewählter und vorgestellter Produkte sind? Können solche Prominenten als Unternehmer mit eigenen wirtschaftlichen Interessen presserechtlich überhaupt Mitarbeiter eines journalistischen Mediums sein?

Im Impressum seines Magazins BOA wird Jérôme Boateng als "Spielmacher" bezeichnet. "Boateng ist unser Türöffner, Inputgeber und Ideentreiber", heißt es von der Gruner+Jahr-Agentur Territory, die das Heft herausgibt. Schöneberger und Kretschmer sind bei Barbara und Guido jeweils als "Editor at Large" aufgeführt. Das steht üblicherweise für einen leitenden Redakteur mit besonderen Aufgaben. Winterscheidt ist in JWD (Joko Winterscheidts Druckerzeugnis) als "Editor-at-very-large" aufgeführt. Gruner + Jahr zufolge sind Schöneberger, Winterscheidt und Kretschmer Teil des Redaktionsteams, nehmen regelmäßig an Konferenzen teil, schreiben, führen Interviews, bringen Themen ein, übernehmen also redaktionelle Aufgaben. Über Verträge gibt Gruner + Jahr keine Auskunft, darüber sei "selbstverständlich Stillschweigen" vereinbart, teilt eine Verlagssprecherin per Mail mit. Telefonisch äußern möchte sich zunächst keiner der Magazinverantwortlichen bei Gruner + Jahr.

Unternehmer als journalistische Blattmacher? Um Zweifel an dem beliebten Konzept zu bekommen, reicht es, durch die Hefte zu blättern. In der Dezember-/Januar-Ausgabe von Guido mischen sich auf redaktionellen Produktseiten eine Hose und ein Mantel, den Kretschmer für einen Versandhandel entworfen hat, unter die Kleidung anderer Labels. Ähnlich ist es in BOA. In der ersten Ausgabe werden unter der Überschrift "pick it like BOA" 13 Dinge vorgestellt, "die zu haben sich lohnt", ausgewählt von Boateng. Auf der ersten Seite der Strecke sind drei Produkte zu finden, die unter seinem Namen verkauft werden, eine Brille und zwei Taschen.

"Das sind eindeutige Verstöße gegen das Pressegesetz."

"Höchst bedenklich" findet Benno Pöppelmann, Justiziar vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV), diese Dinge nach einem Blick in die Hefte. "Hier wird die Trennung von Redaktion und Werbung nicht eingehalten", sagt er. "Das sind eindeutige Verstöße gegen das Pressegesetz, eine entsprechende Kenntlichmachung von Werbe-Inhalten sehe ich nicht." Insbesondere, dass Produkte von Kretschmer und Boateng auf einer redaktionellen Seite oder in einer Strecke mit Produkten anderer Hersteller eingestreut werden, sieht er kritisch. "Es ist erkennbar, dass es hier eigene ökonomische Interessen gibt", sagt er. "Das geht in Richtung Schleichwerbung."

Damit konfrontiert, versichert man bei Gruner + Jahr, dass die Produkte durch die Redaktionen ausgewählt werden, "weil sie Teil der Welt der jeweiligen Persönlichkeit sind und insofern einen Nachrichtenwert für den Leser haben". Von den vorgetragenen Beispielen geht man nur auf Barbara ein. In der aktuellen Ausgabe wird die "Barbara-Box", ein Verlagsprodukt, auf einer mit "Anzeige" gekennzeichneten Seite beworben. "Für den Leser sind etwaige Eigeninteressen erkennbar und transparent", heißt es. In Heft 31 aber landete die Box auf der Produktseite, im Sommer wurde die Barbara-Kofferkollektion vorgestellt - beides ohne Werbekennzeichnung.

Im Pressekodex ist festgelegt, dass "redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden" dürfen. Eine Übertretung der Grenze zur Schleichwerbung liegt dem Kodex zufolge nahe, "wenn die Veröffentlichung über ein begründetes öffentliches Interesse oder das Informationsinteresse der Leser hinausgeht oder von dritter Seite bezahlt bzw. durch geldwerte Vorteile belohnt wird". "Geldwerter Vorteil ist dabei weit auszulegen", sagt Pöppelmann. "Natürlich ist es ein geldwerter Vorteil, wenn jemand in redaktionellen Artikeln für seine eigenen Produkte wirbt, ohne das zu kennzeichnen, und infolgedessen entsprechende Umsätze generiert." Ihm zufolge verstoßen die Magazine außerdem womöglich gegen das Wettbewerbsrecht: "Wenn sich ein Unternehmen im Verhältnis zu den Mitbewerbern nicht an das Presserecht hält, ist das ein Vorteil, der wettbewerbsrechtlich problematisch ist."

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