Süddeutsche Zeitung

Pay-TV: Altlast bei Sky:Bilanzfehler?

Lesezeit: 3 min

Die Finanzaufseher der Bafin sorgen für ein Problem beim Pay-TV-Unternehmen Sky. Sie halten die Zahlen des Vorgängers Premiere für falsch, den einst Georg Kofler leitete. Sky zahlte bereits freiwillig an Aktionäre.

Hans-Jürgen Jakobs

Georg Kofler, 53, kümmert sich heute um Effizienz. Der gebürtige Südtiroler aus dem Pustertal sagt den Deutschen, wie sie Energie sparen sollen. Ab und an zeigt er sich, wie früher, auf Partys der Fernsehbranche. Die war mal seine Heimat.

Jetzt holt die Vergangenheit den Unternehmer ein, der bis Ende August 2007 der große Mann beim Abonnentenfernsehen von Premiere war. Kofler wirkte als Gesellschafter und Vorstandschef, ehe dann sein Finanzchef Michael Börnicke übernahm. Was damals geschah, beschäftigt noc einmal die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) - und damit Aktionäre und Anwälte.

Im Rahmen einer Prüfung gemäß Paragraph 37 des Wertpapierhandelsgesetzes stellte die Bonner Behörde fest, dass in der Schlusszeit des Kofler'schen Wirkens Bilanzen und Berichte angeblich vor Fehlern strotzten. Damit schufen die Beamten ein Problem für den neuen Pay-TV-Eigentümer Rupert Murdoch, der 2008 groß eingestiegen war und der Altlast Premiere schnell einen himmlischen Namen verpasste, Sky Deutschland.

Die offiziellen Einschätzungen der Bafin eröffnen theoretisch das Feld für viele Klagen und Forderungen - die dann Sky als Nachfolgefirma tragen müsste. Und so kam das Management unter dem jetzigen Vorstandschef Brian Sullivan am 28. Oktober überein, lieber vorab eine Summe zu zahlen. Kläger und alle Fonds werden mit 14,5 Millionen Euro bedacht.

Nach dem Einstieg bei Premiere hatten die Murdoch-Männer Anfang Oktober 2008 selbst die von Kofler und Börnicke hinterlassenen Zahlen kräftig nach unten korrigiert. Der damalige Chef Mark Williams schockte die Anleger, als er die Zahl der Abonnenten auf einem Schlag um fast eine Million nach unten korrigierte. Auf einmal hatte die Gesellschaft nur knapp 2,3 Millionen Kunden.

Der Pay-TV-Chef, der die Karteileichen entsorgte, gab eine Gewinnwarnung heraus. Prompt brach der Aktienkurs ein. Williams erklärte monoton: "Ich möchte nicht über die Vergangenheit reden." Die Tricks sollten ein Ende haben.

Doch mit den Korrekturen der Bafin zeigt sich jetzt Sky nicht einverstanden. Es ist ziemlich viel, was die Beamten monieren. Sie stimmen damit der Kritik der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung zu, die sich mit den Fernsehbilanzen beschäftigt hatte.

So kritisiert die Bafin, dass

-- die Abonnentenzahlen von Premiere im Jahr 2007 um etwa 623.000 und im ersten Halbjahr 2008 um etwa 611.000 zu hoch ausgewiesen wurden;

-- 2007 nicht über die wahren Kosten zum Kauf einer Bundesliga-Sublizenz von der Firma Arena informiert wurde - bestehend aus Zahlungen über 335 Millionen Euro und 16,4 Millionen Aktien;

-- im Jahr 2008 Risiken im Zusammenhang mit dem geplanten Erwerb der Bundesligarechte für die Spielzeiten 2009/2010 bis 2011/2012 nicht ausreichend beurteilt und erläutert wurden;

-- fürs Jahr 2007 und fürs erste Halbjahr 2008 der Geschäfts- oder Firmenwert um 248,4 Millionen Euro beziehungsweise 251,9 Millionen Euro zu hoch angesetzt wurde;

-- im Halbjahresfinanzbericht zum 30. Juni 2008 die Ertragslage um mindestens zehn Millionen Euro zu hoch angegeben wurde, da Anschaffungskosten rund um ein Paket von TV-Rechten an der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 unzutreffend verbucht wurden;

-- nicht ausreichend auf bestehende Risiken für die Finanzlage des Konzerns wegen einer kurzfristig drohenden Verletzung von Kreditbedingungen ( Financial Covenants) und einer hieraus resultierenden Kündigungsmöglichkeit der kreditgebenden Banken zum 30. September 2008 hingewiesen wurde.

Das ist ein ziemlicher Hammer der Bafin. Die Sky-Manager versuchen, den Druck aus der Sache zu nehmen. Die Feststellungen hätten derzeit keine unmittelbaren bilanziellen Auswirkungen, so ihre Erklärung.

Der einstige Premiere-Chef Kofler weist im Gespräch mit sueddeutsche.de darauf hin, dass er für die fraglichen Berichte keine Verantwortung getragen habe. "Gleichwohl glaube ich, dass sich operative Vorstände auf Testate von Wirtschaftsprüfern verlassen können müssen." Die KPMG und Ernst & Young waren bei Premiere aktiv.

Das gelte auch für den Bundesliga-Deal mit Arena, den Kofler damals herangeholt hatte. In dieser komplizierten Sache hätten mehrere Gutachten vorgelegen und auch die Bilanzkundigen im Aufsichtsrat hätten zugestimmt. "Wenn ich trotz deren Empfehlungen im Gutachten den Deal nicht gemacht hätte, könnte ich mir heute ganz andere Vorwürfe anhören", erläutert Kofler.

Bezüglich der fraglichen Abonnentenzahlen verweist der Ex-Premiere-Chef auf Fragen des Marketings. Es seien damals auch solche Kunden gezählt worden, die weniger zahlten oder sich in Kündigungsprogrammen befanden. Es gebe keine bilanzrechtlichen Standards zur Darstellung von Abonnentenzahlen. "Jeder Euro der ausgewiesen wurde, wurde auch erwirtschaftet", sagt Kofler. Man habe immer alles klar gestellt und konnte das man in der Zeit am Umsatz pro Abonnent (ARPU) ablesen.

Bei Sky Deutschland hatten die Justitiare das fragliche Erbe der Kofler-Ära prüfen lassen. Es sei juristisch wasserdicht, heißt es. Auch wurde ein Gutachten der Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young eingeholt. So hält die Sky Deutschland AG die Feststellungen der Bafin für unzutreffend und wird sie gerichtlich überprüfen lassen.

Der Grund ist einfach: Hätte die Bafin recht, müsste Sky Deutschland womöglich ihre Jahresabschlüsse vom Geschäftsjahr 2007 an korrigieren. "Darüber hinaus könnten Bußgelder verhängt werden und Schadensersatzansprüche von Dritten geltend gemacht werden", erklärt Sky. Die Firma weist noch Verluste aus, im dritten Quartal lagen sie bei 89,3 Millionen Euro (Vorjahr: 116,7 Millionen).

So sehen sich die Murdoch-Männer nachträglich Seite an Seite mit jenem Mann, der ihnen ein ziemliches Problem überlassen hat, mit Georg Kofler. Dass Sky selbst den Zahlen des früheren Pro-Sieben-Chefs einst nicht so richtig geglaubt hatte, spielt jetzt keine Rolle.

Und nun muss doch noch einmal ausgiebig über die Vergangenheit geredet werden.

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