Mutter muss weg Tristan (Bastian Pastewka) und Hannelore Fromm (Judy Winter) fahren zum gemeinsamen Wellnessurlaub.
(Foto: ZDF / Julia Terjung)Es gibt Wochen, da zieht das Leben auf dem Bildschirm in großer Trostlosigkeit vorbei. Noch ein halb garer Tatort, noch ein Schicksalsmovie, noch eine deprimierende Gesellschaftskritik in Filmform. Und dann kommt auch noch die Anfrage, ob man nicht Bastian Pastewka interviewen möchte. Der habe seinen ersten Film im ZDF. Mutter muss weg. Mit Judy Winter. Oh Gott. Das werden harte 90 Minuten.
Doch dann geschieht ein kleines Wunder. Schon beim ersten Mal ist der am Donnerstagabend ausgestrahlte Film unglaublich, und auch beim zweiten Mal verliert er nichts von seiner Wirkung. Danach steht das persönliche Urteil fest: Das ist der beste Film des Jahres.
Es geht um den von Bastian Pastewka gespielten Tristan, einen von der dominanten Mutter beherrschten Totalversager. Dem begegnet auf dem Heimweg von einer Therapiesitzung ein netter Mann namens Josip, der kurzerhand anbietet, die Mutter zu töten. Als Luschi vom Dienst willigt Tristan ein, und scheinbar gelingt das Unterfangen. Aber die Mutter, gespielt von Judy Winter, überlebt und zeigt sich danach von einer sehr gütigen Seite. Also will Tristan den Mordauftrag zurückziehen. Das aber geht nicht so einfach, denn Josip hat den Job längst weiterverkauft. Was folgt, ist eine turbulente Komödie, die von schrägen Verwicklungen, verblüffenden Momenten und wunderschönen Bildern nur so wimmelt. Man sitzt vor manchen Einstellungen und bekommt den Mund nicht mehr zu, so traumhaft hat die Kamerafrau Jana Marsik das Bild komponiert. Einmal ist es nur eine Szene am frühen Morgen. Man sieht eine Wiese, einen Rasensprenger, mehr nicht. Aber es wirkt.
Warum ist dieser Film so gut geworden?
Telefonat mit Marc Terjung, jenem Mann, der für das Drehbuch zuständig ist. An ihn geht die Frage, wie er auf die Idee gekommen ist, Pastewka als verhinderten Muttermörder zu beschreiben. "Bastian Pastewka hat eine große Wärme, und ich dachte: Wenn er Wärme hat, kann er auch etwas Böses tun", sagt Terjung, der auch schon die Bücher der Sat-1-Serien Danni Lowinski oder Edel & Starck zu Ausnahmeerscheinungen gemacht hat. "Tristan ist ein verzweifelter Mann, der alles richtig machen will", sagt er. Dass wenig davon gelingt, macht den Reiz aus. Dann fragt man Terjung, wie ihm der Film denn gefalle, und er sagt: "Ich mag den Film gerne." Gerne gilt als die kleine Schwester von Scheiße. Also Nachfrage. Nein, nein, das sei nicht lauwarm gemeint, beteuert der Autor. "Für meine Verhältnisse ist das supertoll, klasse, phantastisch."
Und dann sagt Marc Terjung einen Satz, der weiter weist. "Wir sind alle enttäuscht vom Fernsehen. Wir denken, es müsste doch mehr möglich sein, und es ist mehr möglich."
Wenn mehr möglich ist, warum ist das dann so selten in deutschen Filmen zu entdecken? Warum sieht man so selten so tolle Inszenierungen, solch eine Figur wie diesen Tristan, der mit Fug und Recht irgendwo zwischen den Großmeistern Loriot und Tatis Monsieur Hulot angesiedelt werden kann? Anfrage an Edward Berger, den Regisseur. "Wir haben alle gesagt: Wir wollen weiter. Wir sind nicht zufrieden mit dem Status Quo der deutschen Filme. Vielleicht können wir da etwas beitragen." Damit spricht er für sein Team und die Entschlossenheit, mal etwas anderes zu wagen.
Irgendwann fällt das Wörtchen Mut.