Süddeutsche Zeitung

"Para - Wir sind King" bei TNT:Bloß keine Gramm-Angaben

Lesezeit: 2 min

Vier Freundinnen im Wedding wollen endlich das große Geld machen: "Para - Wir sind King", die neue Serie der Macher von "4 Blocks", hat überzeugende Hauptdarstellerinnen - und eindimensionale Figuren.

Von Carolin Gasteiger

Und dann wirft die junge Frau eine Flasche, und der Mann geht zu Boden. Vier Freundinnen, nachts, betrunken in einem Berliner Späti, aggressiv. Schon in den ersten Szenen von Para - Wir sind King ist klar, welcher Ton in dieser neuen Serie angeschlagen wird. Die vier, die sich da in einer Rückblende zum Eklat gekeift haben, heißen Jazz, Fanta, Hajra und Rasaq, sie leben im Wedding - und über ihre Verhältnisse. Aber mehr dazu gleich.

"Wir drei saßen hier ein halbes verficktes Jahr lang, als Hajra nicht da war. Und es war scheiße. Weil wir alleine waren. Weil wir nicht wir waren." Wird Rasaq später sagen, als Hajra nach sechs Monaten Erziehungsheim zurück in ihrem Kiez ist.

Geld haben die vier eigentlich nie - und das ist der Punkt

Wir, das sind die Tänzerin Jazz, die, statt auf einer Party nur an die Bar geht, um Drinks zu holen, auch noch den Gastgeber hinter Glasscheiben flachlegt. Fanta hilft ihrer Mutter nachts beim Putzen und erklärt ihr, was Spammails sind - in der Schule kommt sie trotzdem nicht mit. Hajiras Vater liegt pflegebedürftig auf der Couch. Leicht hat es keine der drei. Fehlt noch Rasaq, die mit einem Job als Zahnarzthelferin noch am ehesten auf eigenen Beinen steht. Sogar heiraten will sie, und dann noch jemanden, den ihre Eltern ihr ausgesucht haben.

Die Serie, die für TNT produziert wurde, steigt in dem Moment ein, als die vier nach Hajras Rückkehr feiern gehen. Beim Kioskbesitzer, einem anderen diesmal, lassen sie anschreiben. Weil - Geld haben sie eigentlich nie. Und das ist der Punkt. Am Morgen nach der durchgefeierten Nacht finden sie in der verwüsteten Wohnung ihres Dealers Koks. Viel Koks. Und Hajra wittert die Chance: Endlich mal was anderes. Ein bisschen Gönnung. Para machen. Einmal King sein.

Von der Optik ein Musikvideo - aber eines, in dem jeden Moment was Schlimmes passieren kann

Verantwortlich für Para - Wir sind King ist Özgür Yıldırım, bekannt durch den Gangsterfilm Chiko, der auch bei 4 Blocks schon Regie geführt hat. In der Serie über den Aufstieg eines Neuköllner Clans war das Prinzip der harten Straße Programm. Bei Para wiederholt es sich, nur sind es eben jetzt vier junge Frauen, die sich im rauen Wedding nehmen, was sie wollen, dabei keine Skrupel kennen und wenn es sein muss, auch mal Jungs verprügeln. Jazz, Fanta, Hajra und Rasaq sind laut, aggressiv - und peinlich. In einer Szene, ein schlechter Fake von Pretty Woman, verabschiedet sich Jazz von der arroganten Verkäuferin mit den Worten: "Fick deinen Bruder, du hässliche Fotze."

Im Schwarzlicht der Berliner Clubs, in dem Neon-Lidschatten leuchtet und Paillettenkleider glitzern und die Freundinnen ihren Stoff verticken - Memo nach dem ersten gescheiterten Deal: bloß keine Gramm-Angaben mehr -, wirken viele Szenen wie ein Musikvideo. Allerdings eines, in dem jeden Moment etwas Schlimmes passieren kann. Jeden Moment könnte eine von ihnen ausrasten. Und so überzeugend die Hauptdarstellerinnen sind, so bedauerlich, dass die Figuren zumindest in den ersten drei Folgen, die vorab zu sehen waren, ziemlich eindimensional bleiben.

Alles ist hart, alles ist ungerecht - und woher genau ihre unzähmbare Wut auf die Welt kommt, bleibt unklar. Immerhin stellt Jazz an einer Stelle fest: "Die, die alles haben, kriegen alles in den Arsch geschoben und die, die nichts haben, kriegen gar nichts." Aber ihre Reaktion darauf lautet Auge um Auge, Zahn um Zahn. Bleibt zu hoffen, dass sich das in den weiteren Episoden wandelt.

Para - Wir sind King, sechs Episoden, bei TNT

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