Paid Content bei der "Times":Bezahlschranke im Hause Murdoch

Rupert Murdoch sperrt zahlungsunwillige Leser bei der "Times" aus. Doch der Schwund fällt nicht so massiv aus, wie befürchtet.

Wolfgang Koydl

Die Zahlen mögen schmerzhaft sein, unerwartet freilich kamen sie nicht: Seitdem die Londoner Times und Sunday Times Geld für den Zugang zu ihren Websites verlangen, ist die Zahl der Zugriffe dramatisch eingebrochen: Um zeitweise bis zu zwei Drittel, schätzt der Internetdienst Experian Hiltwire. 90 Prozent gar haben die chronisch missgünstigen Konkurrenten vom Guardian errechnet.

Newspaper Online Sites Consider Charging Users

Die Online-Inhalte der Londoner "Times" sind inzwischen kostenpflichtig - Leserschwund ist die Folge.

(Foto: ag.getty)

Seit 2. Juli müssen Leser des Internetportals der Times mit einer Gebühr die Bezahlschranke durchbrechen, die der Verlag um die Online-Inhalte der beiden Blätter gezogen hat. Ein Pfund kostet der Zugang für eine Ausgabe, für zwei Pfund erhält man Leserechte für eine Woche. Medienexperten hatten Rupert Murdoch, den Besitzer von News International, schon im Vorfeld vor drastischen Einbrüchen gewarnt. Auch der Chefredakteur der Sunday Times, John Witherow, hatte einen Rückgang um bis zu 90 Prozent vorhergesagt.

Nach den Berechnungen von Experian Hiltwire freilich verlor die Seite die meisten Leser in jenen Wochen zwischen dem 22. Mai und dem 26. Juni, in denen man sich nur registrieren, aber noch nicht bezahlen musste. Das Minus betrug 58 Prozent. Seit Beginn der Zahlpflicht haben sich die Zahlen etwas stabilisiert und liegen nur noch um ein Drittel unter der Leserzahl vor Einführung der neuen Website. Der Anteil der Times am Online-Verkehr der britischen Printmedien freilich ging demnach von 4,37 Prozent auf 1,85 Prozent zurück. Die Times selbst nahm bisher keine Stellung zu den Zahlen.

1,2 Millionen tägliche Besucher

Wie der Guardian zu seinen Zahlen gelangte, ist ein wenig undurchsichtig. Auf alle Fälle zieht das Konkurrenzblatt jene 150.000 Abonnenten der Druckausgabe der Times ab, die den Zugang zum Online-Auftritt kostenlos erhalten. Nach Guardian-Erkenntnissen hatte die Webausgabe der Times im vergangenen Februar 1,2 Millionen tägliche Besucher. Heute seien es - zusammen mit den Print-Beziehern - noch 195.000, von denen aber nur 15.000 Nutzer bezahlten.

Die neue Times-Website hatte lange mit technischen Problemen zu kämpfen. Dies war der wesentliche Grund, weshalb der Starttermin mehrmals verschoben werden musste. Als es am 2. Juli endlich so weit war, erlebten die Redakteure der Seite eine Überraschung. Die Techniker hatten vergessen, ihre Zugänge freizuschalten. Bevor die Journalisten arbeiten konnten, mussten sie zunächst einmal ihre Kreditkarten aus dem Portemonnaie fischen und zwei Pfund überweisen.

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