"Ozark" auf Netflix:Eheduo im Kampfmodus

Pressebilder zur Netflix-Serie OZARK
Verwendung nur im Zusammenhang mit der Berichterstattung zur Serie!

Marty (J. Bateman) und Wendy (L. Linney) streiten über die Zukunft.

(Foto: Steve Deitl/Netflix)

Die Byrdes haben sich in ihrem Leben voller Lügen längst arrangiert - und lassen einen zittern und lachen zugleich. Die formidable, extrem böse Serie "Ozark"

Von Milan Pavlovic

Wie man sich doch irren kann. Als Laura Linney in Zwielicht ihre erste tragende Filmrolle bekam, fast 25 Jahre ist das inzwischen her, wirkte sie überfordert. Sie war in dem Justizkrimi keine Herausforderung für Richard Gere - vom sinistren Edward Norton ganz zu schweigen. Erst in Absolute Power und Mystic River, Regie führte Clint Eastwood, begann sie ihr wahres Potenzial vorzuführen. Jason Bateman wäre seinerseits froh gewesen, wenn man ihm eine solche Chance gegeben hätte. Doch selbst in Hitfilmen wie Kill the Boss kam er über eine Stichwortgeberfunktion nicht hinaus. Die Amerikaner nennen das, oft mit gemeinem Unterton, "second banana".

Inzwischen sind die beiden die Hauptdarsteller der formidablen, extrem bösen Serie Ozark, nun schon in der dritten Staffel. Als Wendy und Marty Byrde bilden sie ein Eheduo, das schon lange kein Paar mehr wäre, wenn es im Überlebenskampf als Handlanger eines Drogenkartells nicht so abhängig voneinander wäre. In der dritten Staffel finden die beiden auf die harte Tour heraus, dass eine Flucht in die Anonymität Australiens (am Ende von Staffel zwei) trotz aller Gefahren doch die bessere Idee gewesen wäre. Stattdessen verbleiben sie in den Ozarks, dem Seen-Gebiet in Missouri im Mittleren Westen, das zwar idyllisch wirkt, sich aber als Sündenpfuhl entpuppt hat.

Die Byrdes, die für den kompromisslosen Señor Navarro in einem Casino am Osage River Geld waschen, haben sich mit ihrem Leben voller Lügen längst arrangiert; auch die beiden schnell erwachsen gewordenen Kinder sind inzwischen voll involviert, und Wendys sehr nah am Wasser gebauter Bruder Ben (Achtung, Heulboje des Jahres!) fügt sich in den Wahnsinn rasch ein. Die Dimension der kratergroßen Unwahrheiten wird immer gewaltiger und bleibt glaubwürdig, selbst wenn sie geradezu grotesk wirkt. Dabei erweist sich von Vorteil, dass die Serie nie bloß bei den Byrdes aufhörte; sie war stets als vielstimmiger Chor der Intriganten, Betrüger und Mörder angelegt, die einen ebenso zittern wie lachen lassen. Doch bei niemandem rührt und verstört die Zuspitzung so sehr wie bei Wendy. Laura Linney macht die Zuschauer zu ihren Komplizen und navigiert sie durch die Minenfelder des verbrecherischen Alltags. In der gemeinsten Szene der dritten Staffel verschafft sie sich Zugang zum früheren Byrde-Haus in Chicago und stellt mit einer einzigen kleinen Tat die Welt der Nachbesitzer auf den Kopf. Derart reich ausgeformte Frauenrollen gibt es selten.

Genau genommen spielt Jason Bateman also auch in Ozark die zweite Geige, aber was für eine! Er bekommt phantastische Drehbuchzeilen und sondert sie mit der Lakonie eines Buchhalters ab, für den der Taschenrechner das darstellt, was Gangstern ihre 45er Magnum ist. Das Tempo und die Wucht der Einschläge wirkt gerade in den ersten Episoden fast zu heftig. Wie soll das noch gesteigert werden? Aber das soll es - zunächst - ja nicht. Das ist ein cleverer Schachzug, damit wir uns auch in den stilleren Momenten nie sicher sein können. Wir haben ja gesehen, wie schnell die Dinge in den Missouri Ozarks eskalieren können.

Ozark, bei Netflix*

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