Ortstermin:Innere Mission

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Tori Herridge (l.) und ihr Team zerlegen einen nachgebauten T-Rex für den National Geographic Channel: "Eine Motorsäge, ich habe eine Motorsäge!"

(Foto: National Geographic Channels/Stu)

Der National Geographic Channel zerlegt für Journalisten in den Londoner Pinewood Studios einen nachgebauten Tyrannosaurus Rex.

Von Alexander Menden

Wer sitzen möchte, muss in den Nebenraum gehen, da kann man alles auf dem Monitor verfolgen. Aber weshalb hätte man dann hier raus fahren sollen? Also steht man hinter einer Glasscheibe und schaut sich einen toten Dinosaurier an. Er liegt so friedlich da unten auf seinem riesigen Podium, als schliefe er: Augen geschlossen, die winzigen Krallenärmchen von sich gestreckt. Klar, das Ding da ist ein Nachbau aus Gummi, Epoxidharz und rasierten - ja, rasierten! - Federkielen, die aus dem Rücken ragen. Er wiegt keine sieben Tonnen wie der echte Tyrannosaurus Rex, aber wohl immerhin 400 Kilo. Und gleich soll er auseinandergenommen werden, vor den Augen der, nun ja, Weltpresse.

Die Produktionsfirma Fox hat in die Pinewood Studios gebeten, hat Schreiber und Blogger und Twitterer aus ganz Europa und den USA eingeflogen. Sie dürfen hier vor den Toren Londons einer "Dinosaurier-Autopsie" beiwohnen, die als Teil der "Dino Week" im Juni den Kinostart von Jurassic World flankieren soll. Vier Wissenschaftler sollen den nachgebauten T-Rex sezieren und dabei etwa erklären, wie das Tier aufgebaut war und sich ernährte. Der National Geographic Channel hat dafür unter anderem Victoria Herridge engagiert. Die Paläontologin vom Londoner Natural History Museum nahm 2013 an der Autopsie eines Mammuts teil, sie hat also Erfahrung mit dem Zerlegen ausgestorbener Tiere. Der Unterschied: Das Mammut war echt, erhalten im Permafrost.

Trockeneis wabert durch die Luft, als Victoria mit ihren Kollegen Stewart, Matthew und Luke das Studio betritt. Das machen sie drei-, viermal, zur Probe. Und jedes Mal müssen sie so gucken, als wäre der Plastikkadaver das Tollste, was sie je gesehen haben. Besonders die Amerikaner amüsieren sich über die Ernsthaftigkeit, mit der Matthew sich über den Oberschenkel beugt und erklärt, er sei so schwer wie ein Motorrad. "Und der Kameramann da sieht aus wie David Cameron!" freut sich ein bärtiger Blogger aus New York.

Victoria und Stewart vermessen umständlich die Länge des Dinosauriers (bei dem es sich übrigens anscheinend um ein Mädchen handelt). "13 Meter - so lang wie ein Doppeldeckerbus!", ruft Stewart. "Länger!" berichtigt der Regisseur. "13 Meter - länger als ein Doppeldeckerbus!", ruft Stewart mit unveränderter Begeisterung. Währenddessen überlegt sich der blonde Hüne Luke Gamble, wie man das Biest am besten sezieren könnte. Er ist ein TV-erfahrener Tierarzt in der eher unsubtilen Tradition von "Crocodile Hunter" Steve Irwin, einer heiligen Kuh in Indien hat er mal 14 Kilo Plastik aus dem Magen operiert. Aber das hier ist natürlich eine andere Liga: "Wir brauchen etwas Größeres als ein Messer!" Schließlich schnappt er sich das Unvermeidliche: "Eine Motorsäge, ich habe eine Motorsäge!"

Nach gut zwei Stunden setzt der Veterinär tatsächlich die Säge an. Kreischend senkt sie sich ins Dinobein. Aus dem Einschnitt rieselt etwas, das verdächtig nach Sägemehl aussieht. Das versprochene Blut tröpfelt dagegen nur spärlich. Luke sägt und sägt, bis der Motor zu rauchen beginnt. "Okay, stopp", ruft der Regisseur. "Wir gehen jetzt erst mal zum Lunch." Auch die leicht ermüdeten Chronisten trotten zu den Sandwiches, in der Hoffnung, dass die fertige Sendung etwas spannender werden möge.

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