Süddeutsche Zeitung

"Opdenhövels Countdown" in der ARD:Metamorphose in Richtung Musikantenstadl

"Brandneu" und "großartig"? Matthias Opdenhövel bekommt in der ARD seine eigene Spielshow. Der Moderator, einst spitze Zunge vom Dienst bei Pro Sieben, zeigt sich begeistert - aber steht am Ende dieser Verwandlung der Musikantenstadl?

Hans Hoff

Wenn alles gut ist, wird es leicht langweilig. Diese Weisheit drängt sich auf, wenn man dieser Tage mit Matthias Opdenhövel spricht. Opdenhövel hat für Pro Sieben jahrelang die spitze Zunge vom Dienst bedient, hat als Moderator von Schlag den Raab dem Namensgeber der Sendung keck Kontra gegeben und selbst das langweilige Auswahlverfahren zum Eurovision Song Contest wusste er noch einfühlsam aufzupeppen.

Im Sommer wechselte Opdenhövel die Fronten und wurde ein ARD-Gesicht. Mit der Moderation der Sportschau, die er immer als Jugendtraum bezeichnet hatte, köderte man ihn und hängte an den Haken auch noch zwei Shows. Opdenhövels Countdown und Brot und Spiele heißen die. Der Countdown feiert an diesem Donnerstag Premiere und wird von Günther Jauchs Firma I & U produziert.

Vier Kandidaten spielen dort mit Einsatz von Körper und Geist erst miteinander und dann gegeneinander. Am Schluss stehen als Ziel 100 000 Euro. Das klingt zwar arg nach einer Mischung aus Ulla Kock am Brinks 100 000 Mark Show, Spiel ohne Grenzen und den üblichen Raab-Wettbewerben, ist aber nach ARD-Lesart selbstredend brandneu. Und großartig sowieso.

Nun sind Begriffe wie brandneu und großartig in Sachen Show mit der ARD nur unter starken Schmerzen zur Gleichung zu bringen, was einen wie Opdenhövel indes nicht daran hindert, dem Gesprächspartner eine Lkw-Ladung Optimismus vor die Füße zu kippen. "Ich habe gerne eine Heimat, und die habe ich jetzt gefunden", sagt er und lobt das Engagement aller Beteiligten.

"Das hat mir schon sehr gut gefallen, mit wie viel Inbrunst, Leidenschaft und Willen da versucht wurde, etwas zu konzipieren", sagt er, was dazu führt, dass man nach dem Gespräch draußen noch mal die Türschilder inspiziert, weil man nicht glauben mag, dass man noch im WDR ist.

Ist man aber, und für Opdenhövel scheint sich hier der Himmel aufgetan zu haben. Ein halbes Jahr hatte er sich gegeben, um bei der Sportschau anzukommen. Aber es ging schneller: "Das war schon nach der ersten Sendung der Fall. Ich habe mich da sofort wohlgefühlt". Die Möglichkeit, dass die jetzt anstehende Show auch scheitern oder - was aufs Gleiche herauskäme - im handelsüblichen ARD-Unterhaltungsbrei verschwimmen könnte, will er nicht ausschließen.

Dort, wo einst schon Gottschalk einen römischen Helm trug

"Unterhaltung ist nie ein Freiwurf", sagt der 41-Jährige und setzt auf die beamtete Geduld des Öffentlich-Rechtlichen. "Ich bin ja nicht Ende 60, und das ist nicht meine letzte Sendung." Würde er nun noch mit der Meldung kommen, er moderiere demnächst auch den Musikantenstadl, könnte das die Verwunderung über die Wandlung des sich offenbar an die Pilawa- und Pflaume-Klasse annähernden Moderators kaum steigern. So reden auch die Volkstümler und die glattgebügelten Ansager von Rateshows. Ist das noch derselbe Opdenhövel?

Im Juli folgt die zweite Show. Brot und Spiele und wird von der Raab-Firma Brainpool im Amphitheater von Xanten veranstaltet, also dort, wo einst schon der große Gottschalk einen römischen Helm trug. Der ist jetzt ARD-Kollege und Opdenhövel sagt brav: "Der brennt so, dass es mir sehr viel Respekt abverlangt."

Ob Opdenhövel noch zu brennen imstande ist, wird die Show zeigen. Da muss er beweisen, ob er noch mehr drauf hat als jene satte Selbstzufriedenheit, die nur noch eine grunzzufriedene Standortbestimmung zulässt auf die Frage, was man in der Zukunft gerne ändern würde. "Gar nichts. So wie es ist, ist es spitze." Willkommen im Ersten.

Opdenhövels Countdown, Donnerstag 20.15 Uhr in der ARD.

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SZ vom 12.04.2012/ihe/pak
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