Jessica Valenti:Frauenhass im Netz: "Es ist zu viel"

Jessica Valenti

Jessica Valenti will sich für einige Zeit aus den sozialen Medien zurückziehen. Zuletzt hatte ihre kleine Tochter Drohungen erhalten.

(Foto: jessicavalenti.com)

Die feministische Autorin Jessica Valenti zieht sich aus den sozialen Medien zurück - weil inzwischen sogar ihre kleine Tochter Morddrohungen erhält.

Von Kathleen Hildebrand

Jessica Valenti ist einiges gewohnt. Als feministische, in US-Medien äußerst präsente Autorin muss sie das leider sein: Kaum ein Thema zieht im Internet so viel Wut auf sich wie die Verteidigung der Rechte von Frauen oder der Hinweis darauf, dass völlige Gleichberechtigung noch längst nicht erreicht ist. Aber an einem Morgen der vergangenen Woche war Schluss. "Als ich heute aufgewacht bin," schrieb sie auf Twitter, "hatte mir jemand eine Vergewaltigungs- und Morddrohung gegen meine fünfjährige Tochter geschickt. Ich kann nicht akzeptieren, dass das Teil meines Jobs sein soll."

Am Ende einer Reihe zorniger, verzweifelter, trauriger Nachrichten an ihre 124 000 Follower stand Jessica Valentis Abschied von Twitter und Co., es ist zumindest ein vorläufiger. "Ich mache Pause von den sozialen Medien. Ich weiß nicht für wie lange. Ich weiß nur, dass ich so nicht leben kann", schrieb sie. "Es ist zu viel."

Acht der zehn "meistgehassten" Autoren beim Guardian sind Frauen

Valenti, 37, New Yorkerin, schreibt erfolgreiche Bücher über Feminismus. Sie hat den wichtigen feministischen Blog Feministing mitgegründet und verfasst für die amerikanische Internetseite der Tageszeitung The Guardian Kommentare zu politischen und sozialen Themen. Unter ihre Artikel schreiben erzürnte Leser dort regelmäßig Beleidigungen, Diffamierungen, Drohungen. Die schlimmsten werden von den Betreuern der Seite gelöscht.

In einer groß angelegten Untersuchung des Kommentierverhaltens seiner Leser hat der Guardian dieses Jahr herausgefunden, dass sie diejenige Autorin in der Redaktion ist, deren Texte die meisten hasserfüllten Kommentare erhalten. Was er noch herausfand: Acht der zehn "meistgehassten" Autoren sind Frauen. Die beiden einzigen Männer auf der Liste sind schwarz, einer von ihnen ist homosexuell.

Valenti erhält seit Beginn ihrer Autorenkarriere immer wieder Mord- und Bombendrohungen. In einem Interview mit der SZ (27. Mai 2016) stellte sie nüchtern fest: "Wo Frauen sich äußern, erzeugt das Hass." Sie fordert von den Soziale-Medien-Unternehmen seit Langem mehr Einsatz gegen diese Form von Gewalt. Das tut sie auch jetzt, nach der Drohung gegen ihre Tochter. Sie schrieb auf Twitter, die Strafverfolgungsbehörden sollten endlich anfangen, effizient gegen Online-Drohungen vorzugehen: "In der Zwischenzeit mache ich Pause."

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