"On Jack's Road" auf Arte:Kerouac klebt

Nächste Woche kommt die lang erwartete Verfilmung des eigentlich unverfilmbaren Sprachrauschs von Jack Kerouacs "On the Road" in die deutschen Kinos. Zuvor aber schickt Arte vier Künstler auf die Suche nach dessen Lebensgefühl - und quer durch die USA.

Peter Sich

Szenenbild aus "On Jack's Road"

Szenenbild aus "On Jack's Road" auf Arte: die Landschaft von Arizona im Rückspiegel auf der langen Fahrt durch die Wüste.

(Foto: ZDF / © Marlen Mueller)

In Jack Kerouacs Roman On The Road ("Unterwegs") gibt es eine Szene, die viel über das Lebensgefühl der sogenannten Beat Generation aussagt. Diese Szene zeigt, wie die beiden Beatniks Carlo Marx und Dean Moriarty - gemeint sind der Dichter Allen Ginsberg und sein Freund Neal Cassady -, nachts zusammensitzen, um sich, befeuert durch Benzedrin, alles zu erzählen was ihnen durch den Kopf geht. Die Sache veranschaulicht, was das Suchen und Schreiben der Beat Generation ausmachte: Sucht nach Authentizität, nach ungefilterter Direktheit.

Alles andere: das Reisen, die Drogen, die Promiskuität waren bloße Mittel, um eben dorthin zu gelangen. Für die daraus erwachsene Literatur ist Kerouacs Unterwegs, geschrieben 1951, ein Gründungsmanifest. Während in der kommenden Woche Walter Salles' lang erwartete Verfilmung dieses eigentlich unverfilmbaren Sprachrauschs in die deutschen Kinos kommt, begibt sich an diesem Wochenende Arte auf die Suche nach diesem Lebensgefühl.

Hannes Rossacher bringt für seinen Film On Jack's Road eine Sängerin aus Österreich, einen amerikanischen Filmemacher, eine deutsche Fotografin und einen französischen Spieleautor zusammen, um sie auf eine Reise durch die USA zu schicken. Von New York bis San Francisco folgen die vier der Spur Kerouacs, treffen Experten und Weggefährten, besuchen sein Wohn- und sein Geburtshaus. Und jagen dieser speziellen Idee von Freiheit hinterher, die das Werk des Schriftstellers noch immer umweht.

Nun hatte auch Kerouac seine Idole: Erzähler wie Albert Camus, Marcel Proust oder Fjodor Dostojewski. In seiner Literatur konfrontiert er das mit der Atemlosigkeit und der Spontaneität der Jazz-Improvisation - um daraus etwas Neues zu schaffen. Rossachers Film wählt den umgekehrten Weg. Alles klebt an Kerouac, jedes Erlebnis scheint bloß geborgt. Man kann gar nicht zählen, wie oft die sympathischen Protagonisten: "Das ist wie bei Kerouac" rufen. Man möchte ihnen ja gerne glauben, dass diese Reise sie tief beeindruckt hat. Bloß: Gezeigt, nicht gesagt, will man es bekommen. Das Glauben fällt schwer, wenn die Erfahrungen in Aussagen gekleidet sind, die eher an Paulo Coelho als an Jack Kerouac erinnern.

Selbst wenn die zauberhafte Anna F. mit toller Stimme singt - immer wirkt es so, als mache sie es, damit es magisch wirkt, nie wirkt es magisch, weil es geschieht. Das ist der Unterschied: Allen Ginsberg und Neal Cassady saßen nicht nächtelang entrückt beisammen, weil Kerouac darüber geschrieben hat. Kerouac hat darüber geschrieben, weil sie nächtelang entrückt beisammen saßen.

On Jack's Road, Arte, Samstag 22.10 und 23.10 Uhr

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