Oldenburger Tatort "Die Feigheit des Löwen":Wotan als Womanizer

Lorenz und Falke im Gespräch: Ob sie sich gerade fragen, was ein Pomologe ist?

Kommissarin Katharina Lorenz und Hauptkommissar Thorsten Falke balzen in Oldenburg um die Wette.

(Foto: NDR/Christine Schroeder)

In Oldenburg kommen sich die Ermittler Falke und Lorenz näher. Ein überambitionierter Flirt. Ansonsten ist der Fall um Passfälschung und Folter eher anstrengend - bis der raue Pullover ins Spiel kommt.

Von Holger Gertz

In diesem Tatort vom NDR kommt es zu einem sehr hübschen Gebalze zwischen Ermittler Thorsten Falke und seiner Kollegin Katharina Lorenz. Was Flirtereien angeht, ist der Sonntagskrimi sonst Brachland, und wenn doch mal was passiert, wünschte man sich, es passierte nichts. In diesem Fall stimmt das Setting, eine Kneipe in Oldenburg. Bekennende Oldenburger wissen: Dort gibt es viele Orte, an denen man sich näherkommen kann, war schon früher so. Genannt seien nur die berühmten Discotheken "Metro" und "Sunup's" sowie das "Bei Beppo", wo man schwer politisiert. Aber Politisieren ist ja auch eine Art der Beziehungspflege.

Falke (Wotan Wilke Möhring) und Lorenz (Petra Schmidt-Schaller) politisieren nicht, sie trinken sich mit einem bizarren Mixgetränk aus Milch und Korn in Stimmung: Billstedter Milch.

Falke: "Einmal reinschütten, büschen rühren."

Lorenz: "Ex?"

Falke: "Hmm, würd' ich nich'."

Dann tritt der Abend in seine nächste Phase ein, Antanzen, Spannung, Gezupfe. Falke fragt: "Was ist eigentlich ein Pomologe?", und die Erörterung des Themas reicht für den Weg ins Hotel, wo Falke mit in Lorenz' Zimmer darf und - auf der Suche nach der Minibar - eine Schranktür öffnen möchte. "Darf ich?" fragt er, und die hinreißende Frau Lorenz sagt jetzt nicht einfach "Ja", das wäre zu platt, sie sagt "Freigegeben", und dann schweben die beiden gemeinsam davon.

Selten waren Kommissare auf sinnlichere Art berauscht, aber dass sich einem diese Szene so einprägt, liegt auch daran, dass "Die Feigheit des Löwen" sonst so ambitioniert wie anstrengend ist. Ein Mann wird zu Tode gefoltert. Ein Kind liegt tot im Kofferraum. Passfälscher. Schleuserbanden. Familienhölle.

Es geht um den Krieg in Syrien; Nachrichtenbilder flimmern im Hintergrund. Wie der Krieg - als innerer Krieg - sich durchfrisst, von Syrien nach Oldenburg. Die Handlungsstränge sind bisweilen eher verworren als verflochten; der Fall ist überladen. Lauter großartige Leute dabei, Sebastian Schipper, Karoline Eichhorn, Navid Negahban (Homeland), Buch: Friedrich Ani, Regie: Marvin Kren. Trotzdem, oder gerade deshalb, wirkt das Ganze überambitioniert. Viele Namen, Beziehungen, Menschen, die einem nicht richtig nahekommen, wie schon beim Drohnen-Drama vor ein paar Monaten.

Aber Wotan als Womanizer im norddeutsch rauen Pullover: große Szene, die vieles offenlässt, manches aber auch klärt. Ein Pomologe ist ein Obstforscher.

ARD, Sonntag, 20.15 Uhr.

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