Österreich:FPÖ droht kritischen ORF-Journalisten mit Entlassung

Der ORF-Journalist Armin Wolf spricht 2016 nach seiner Auszeichnung mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Sonderpreis in Hamburg.

Häufig kritisiert von FPÖ-Politikern: Armin Wolf ist einer der bekanntesten Journalisten der österreichischen Rundfunkanstalt ORF.

(Foto: dpa)

Ein rechtspopulistischer Politiker, der im obersten Aufsichtsgremium des öffentlich-rechtlichen Senders sitzt, will ein Drittel der Stellen für Auslandskorrespondenten streichen, wenn "diese sich nicht korrekt verhalten".

Bereits seit Monaten beharken sich in Österreich Politiker der rechtspopulistischen FPÖ und Journalisten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt ORF. Jetzt hat der Konflikt eine neue Eskalationsstufe erreicht: FPÖ-Politiker Norbert Steger drohte in den Salzburger Nachrichten, man werde ein Drittel der Stellen für Auslandskorrespondenten streichen, "wenn diese sich nicht korrekt verhalten".

Anlass für Stegers Attacke war die Berichterstattung des Ungarn-Korrespondenten, die seiner Meinung nach zu einseitig abgelaufen sei. Bei der Wahl in Ungarn wurde vergangenes Wochenende die rechtspopulistische Fidesz-Partei von Präsident Viktor Orbán stärkste Kraft. Sie weist ideologische Parallelen zur FPÖ auf.

Die Bemerkung des FPÖ-Politikers ist durchaus keine leere Drohung. Steger ist Mitglied im sogenannten Stiftungsrat des ORF. Es ist das höchste Aufsichtsgremium des Senders und Steger ist sogar als Vorsitzender im Gespräch. Seit einer Reform aus dem Jahr 2001 wird die Zusammensetzung des Stiftungsrates zum größten Teil von der Regierung bestimmt.

Der FPÖ-Mann drohte den Journalisten des ORF auch in einem weiteren Punkt. Wer gegen die geplante neue Social-Media-Richtlinie verstoße, "wird zunächst verwarnt - und dann entlassen". Die Richtlinie soll regeln, was Journalisten des ORF zum Beispiel auf Facebook und Twitter posten dürfen.

Alexander Wrabetz, der Generaldirektor des ORF (eine Position, die mit dem Intendanten einer deutschen Fernsehanstalt vergleichbar ist), reagierte via Twitter. Die 16 Korrespondentenbüros des ORF seien eine "unverzichtbare und vom Publikum höchst geschätzte Säule der internationalen Berichterstattung in TV, Radio und Online". Außerdem stellte sich Wrabetz hinter seinen Ungarn-Korrespondenten:

Kritik kam über das Wochenende auch von anderen ORF-Journalisten. Der Redakteursrat, ein von den Journalisten des Senders gewähltes Gremium, protestierte gegen die "Einschüchterungsversuche" von Seiten der FPÖ. "Die direkte und unverhohlene Bedrohung von ORF-JournalistInnen mit dem Verlust des Arbeitsplatzes durch einen ORF-Stiftungsrat hat es noch nie gegeben", heißt es in einer Mitteilung des Gremiums. Die Äußerungen von FPÖ-Politikern über den ORF und seine Mitarbeiter gingen seit Jahren über das normale Maß an Kritik hinaus.

ORF-Fernsehmoderator Armin Wolf, der zuletzt von der FPÖ besonders hart kritisiert wurde, erklärte via Twitter, der ORF-Stiftungsrat sei weder für die Streichung von Korrespondenten noch für die Verwarnung oder gar Entlassung von Journalisten zuständig. Der Moderator der Sendung "Zeit im Bild 2", die auch bei 3Sat ausgestrahlt wird, schob noch einen bissigen Kommentar nach:

Kurz zuvor war Wolf der Grimme-Preis verliehen worden, die höchste Auszeichnung für Fernsehjournalisten in Deutschland. Wolf nutze "das Massenmedium Fernsehen in vorbildlicher Weise, um den demokratischen Meinungsbildungsprozess in der Gesellschaft zu stärken", so die Begründung der Jury.

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