Man darf davon ausgehen, dass Eurosport zumindest in den ersten Jahren viel dafür tun wird, den von den Öffentlich-Rechtlichen gesetzten Standards gerecht zu werden. Schließlich muss im Dienste der Refinanzierung durch Werbegelder ein breites Publikum erobert werden, das in seiner Mehrzahl nicht zwangsläufig Eurosport auf eine der ersten neun Tasten der Fernbedienung gelegt hat. Berichte über nachlässige Reporter oder unkritische Kommentatoren bei Eurosport könnten diejenigen schnell davon abhalten, den zum Auffinden notwendigen Sendersuchlauf zu betätigen.
Vor allem aber ist die neue Situation eine Chance für ARD und ZDF. Beide Sender stehen nun in der Schusslinie, denn sie müssen zeigen, dass sie Profis genug sind, mit der neuen Situation zurechtzukommen. Sie müssen das vorhandene Personal sinnvoll anderweitig einsetzen, müssen den Sportbereich möglicherweise in die Überlegungen für den ohnehin geplanten Stellenabbau miteinbeziehen.
Sie müssen zudem Ersatzprogramm für all die vielen Olympiastunden herstellen. Sie müssen beweisen, dass sie auch ohne Olympische Spiele sehenswert sind. Schaffen sie das nicht, stellen sie sich rasch das Zeugnis der eigenen Überflüssigkeit aus und geben all jenen Kritikern recht, die nur zu gerne von Zwangsgebühr und ähnlichen Kampfbegriffen schwafeln.
Fehlt der attraktive Sport, finden möglicherweise junge Menschen nicht mehr die Tasten für ARD und ZDF
Die Aufgabe, den Sender auch ohne Sport auf Kurs zu halten, erzeugt zwangsläufig Ängste bei vielen Quotenanbetern, denn immer noch herrscht auf den Vorstandsebenen der Sender der irrige Gedanke, dass man mit attraktivem Sport die Zuschauer ranholt, um sie dann mit dem Restprogramm zu beglücken. Fehlt der attraktive Sport, finden möglicherweise vor allem junge Menschen nicht mehr die Tasten für ARD und ZDF. Schon jetzt ist absehbar, dass die Quoten in Olympiajahren nach unten gehen werden. Damit müssen sie leben lernen, die ängstlichen Hierarchen in den Sendern.
Wichtiger aber erscheint ein weiteres Signal, welches von der aktuellen Entwicklung ausgeht. Schaffen ARD und ZDF es, ihr Programm qualitativ so aufzuhübschen, dass es eine attraktive Alternative zur Olympia-Berichterstattung darstellt, dann müssen möglicherweise auch die Fußball-Rechtehändler umdenken. Sie dürften sich dann mit der Frage konfrontiert sehen, wie das Programm von ARD und ZDF ohne Sportschau oder Das aktuelle Sportstudio aussähe.
Noch ist solch eine Frage quasi unstellbar, steht die Pflicht zur Fußballberichterstattung bei ARD und ZDF doch im Grundgesetz der deutschen Fernsehnation. Dass dieses nicht unbedingt für immer so bleiben muss, zeigt die aktuelle Entwicklung. Vor nicht allzu langer Zeit waren auch ARD und ZDF ohne Olympische Spiele undenkbar.
Wie titelte Herbert Grönemeyer 2006 so schön doppeldeutig zur Fußball-WM? Zeit, dass sich was dreht.