Newsweek:Ein Magazin für einen Dollar

Das US-Traditionsmagazin "Newsweek" wechselt für einen symbolischen Betrag den Besitzer - an einen 92-jährigen Unternehmer, der sein Geld mit Radioverstärkern gemacht hat.

Lena Jakat

Das stark angeschlagene US-Magazin Newsweek wechselt den Besitzer: Der Unternehmer Sidney Harman übernimmt das traditionsreiche Unternehmen für den symbolischen Preis von einem Dollar von der Washington Post Company, dem Verlag der gleichnamigen Tageszeitung.

Newsweek Editor Meacham To Resign, Amidst Pending Sale Of The News Magazine

Für den symbolischen Preis von einem Dollar verkauft der Verlag der Washington Post das Magazin Newsweek an den 92-jährigen Unternehmer Sidney Harman.

(Foto: AFP)

In dem Kaufpreis sind auch die erheblichen Schulden enthalten, die das Magazin in der US-amerikanischen Medienkrise angehäuft hat. In den vergangenen Jahren beliefen sich die Verluste des Blattes auf 28,1 Millionen und 19,4 Millionen Dollar.

"Wir wollten einen Käufer für Newsweek, der sich wie wir dem Qualitäts-Journalismus verpflichtet fühlt", kommentiert Washington-Post-Geschäftsführer Donald Graham den Zuschlag für Harman. Der Unternehmer konnte sich deshalb in der Versteigerung des Nachrichtenmagazins durchsetzen, weil er zusicherte, die meisten redaktionellen Stellen zu erhalten. Dennoch wird Medienberichten zufolge damit gerechnet, dass rund 120 der 375 Arbeitsplätze wegfallen werden.

Ein HiFi-Pionier als Verleger

Wer ist dieser neue Besitzer? Mit Journalismus hatte der 92-jährige Unternehmer in seiner ereignisreichen Karriere bislang nur sehr am Rande zu tun: Er gehörte in den fünziger Jahren zu den Pionieren der HiFi-Branche. Als Geschäftsführer des Unternehmens Harman Kardon machte sein Namensgeber mit der Entwicklung von Radioempfänerg und -verstärkern ein Milliardenvermögen. Sein Unternehmen liefert heute vor allem die Audio-Ausstattung für namhafte Automarken.

Der Unternehmer hat sich in der Vergangenheit einen Namen als Philanthrop gemacht, etwa als spendabler Unterstützer der Washingtoner Shakespeare Theatre Company. Während der Präsidentschaft von Jimmy Carter war Harman zudem zeitweise im Wirtschaftsministerium der Vereinigten Staaten tätig. Harmans 27 Jahre jüngere Gattin Jane sitzt für ihren Wahlkreis in Los Angeles und die demokratische Partei im Repräsentantenhaus.

Finanzspritzen und Heilungschancen

Dass ein branchenferner Investor den Zuschlag für das Magazin erhielt, liegt wohl auch daran, dass Harman an der redaktionellen Ausrichtung des Blattes nichts Grundlegendes ändern will. Er habe zugesichert, ein flottes, fesselndes und erstklassiges Nachrichtenmagazin herauszugeben, sagte Washington-Post-Chef Graham.

Newsweek blickt auf eine glorreiche Vergangenheit zurück. Das 1933 gegründete Wochenmagazin gehörte jahrzehntelang zur Grundausstattung des politischen Establishments. Doch in den vergangenen Jahren hatte das Blatt massiv unter der schweren Krise auf dem US-amerikanischen Printmarkt zu leiden. Mehrere Neupositionierungen, zuletzt als meinungsstarkes Medium nach Vorbild des Economist, blieben erfolglos.

Allein in den vergangenen beiden Jahren verlor Newsweek gut 15 Prozent seiner Leser. Viele von ihnen wanderten zu Gratisangeboten im Internet abgewandert. Mit einer Auflage von zuletzt 2,3 Millionen Exemplaren rangierte Newsweek weit hinter seinem ewigen Konkurrenten Time mit 3,4 Millionen gedruckten Exemplaren. Nach fast 50 Jahren im Besitz des Washington-Post-Verlags wurde im Mai bekannt, dass das angeschlagene Magazin zum Verkauf stehe.

Nicht zuletzt wegen der missglückten Rettungsversuche hat Chefredakteur Jon Meacham seinen Weggang angekündigt. Er wird das Magazin wohl verlassen, sobald der Eigentümerwechsel perfekt ist. Meacham hatte zuletzt versucht, das Magazin mit einigen Investoren selbst zu übernehmen.

Der neue Besitzer wird nicht umhin kommen, erst einmal mehrstellige Millionenbeträge in das angeschlagene Blatt zu pumpen, bevor überhaupt eine Prognose über die Zukunft des Blattes möglich ist. Eine Heilung allein durch Finanzspritzen dürfte langfristig jedenfalls nicht möglich sein.

Er freue sich auf große journalistische, geschäftliche und technologische Herausforderungen, wird Harman in der Verkaufsankündigung der Washington Post Company zitiert. Der zukünftige Verleger ließ zudem verlauten, die Investition in Newsweek erfolge nicht aufgrund von "herkömmlichen ökonomischen Überlegungen". Er würde es bereits als Erfolg ansehen, wenn sich das Magazin einfach nur selbst tragen würde. Dazu wolle er die Zeitschrift künftig parallel auf die Schienen Print, Internet und Mobilfunk ausrichten.

Was wohl der neue One-Dollar-Man bewegen kann?

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: