Süddeutsche Zeitung

Neuordnung der Rundunkgebühr:Staatsrechtler hält Rundfunkbeitrag für verfassungswidrig

Munition für die Kritiker, vor allem aber für die Kläger gegen die neuen Rundfunkabgaben: Ein Gutachten bestätigt, dass es sich bei den Beiträgen um eine Steuer handelt. Weil Bundesländer diese gar nicht erlassen dürfen, sei die neue Regelung nicht nur unfair, sondern vor allem: verfassungswidrig.

Als müsse jeder Hundesteuer zahlen, auch diejenigen, die keinen Vierbeiner besitzen. Oder als würde von Nichtrauchern auf einmal Tabaksteuer verlangt. Nichts anderes sei die neue Rundfunkabgabe von ARD, ZDF und Deutschlandradio: eine Steuer. So argumentierte der Passauer Jurist Ermano Geuer, als er bereits im vergangenen Jahr vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof Klage gegen die Beiträge erhob, welche die ehemalige GEZ-Gebühr zum 1. Januar dieses Jahres ablösten.

Ein aktuelles Gutachten, das der Handelsverband Deutschland (HDE) in Auftrag gegeben hat, bestätigt nun seine Kritik: Bei dem neuen Rundfunkbeitrag handele es sich um eine Steuer, heißt es darin. Und weil die Bundesländer keine Kompetenz besitzen, eine solche zu erlassen, sei die Abgabe verfassungswidrig.

Mit der Verfassung gehe die Änderung außerdem nicht konform, da sie gegen Artikel 2 und 3 des Grundgesetzes verstoße: Jedes Unternehmen werde unabhängig davon belastet, ob Rundfunk empfangen wird oder empfangen werden kann. Zudem lasse sich die überproportional hohe Belastung von Filialbetrieben nicht mit dem Gleichheitsgebot vereinigen. Verfasst hat das Gutachten der Leipziger Staatsrechtler Christoph Degenhart.

Benachteiligung von Betrieben mit vielen Standorten

Mit seiner Argumentation kommt Degenhart auch der Klage der Drogeriekette Rossmann entgegen, die sich aufgrund ihrer nach eigenen Angaben etwa 1750 Standorte im Nachteil fühlt.

"Das Gutachten bestätigt unsere Kritik am neuen Rundfunkbeitrag. Die Regelungen sind unausgewogen und belasten viele Handelsunternehmen in unverhältnismäßiger und ungerechter Weise", zitiert der HDE seinen Hauptgeschäftsführer Stefan Genth auf der eigenen Webseite. "Die Beiträge sollten nicht pro Filiale, sondern pro Unternehmen erhoben werden."

Zudem bemängelte er, dass die Höhe der Gebühren, die Betriebe zahlen müssen, von der Anzahl der Mitarbeiter abhängig gemacht werde. Zwischen Teil- und Vollzeitkräften werde aber nicht unterschieden. Besonders der Handel, der traditionell viele Teilzeitmitarbeiter beschäftige, werde durch diese Regelung benachteiligt.

Seit dem 1. Januar 2013 wird der Rundfunkbeitrag pauschal erhoben. Für jeden Wohnsitz werden monatlich 17,98 Euro fällig - auch, wenn sich darin keine Rundfunkgeräte befinden. Teurer wurde es zudem für diejenigen, die bisher noch nicht den Höchstsatz zahlten, weil sie etwa nur Internet- und Radioanschluss besaßen. Vorteile brachte die neue Regelung zum Beispiel für unverheiratete Paare oder erwachsene Kinder, die bei ihren Eltern leben.

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