Neues Format für junge Leute:Plaudern wie zu Hause
Lesezeit: 2 Min.
Deutschlandfunk Nova eröffnet eine Art Radio-WG: Im Club "Ab 21" wird locker wie am Küchentisch über Themen aus dem Leben geredet.
Von Christoph Fuchs
Wer genau eigentlich ist die Zielgruppe? Das ist eine in der Medienbranche oft gestellte Frage, denn irgendwie will man ja immer alle kriegen. Der Radiosender Deutschlandfunk Nova hat sich nun allerdings so exakt wie selten jemand mit seinem neuen Abendformat festegelegt. Die Menschen, die der Sender gewinnen will, sitzen alle an einem Ort: in einer WG-Küche. Zumindest wären sie es gerne, sind also in einer Art WG-Küchen-Stimmung. Das ist die Idee: "Einer macht die Mucke an, dann wird gequatscht und zwischendurch sagt jemand, hey, der Song ist geil", fasste Moderator Dominik Schottner das Konzept gleich in den ersten Sendeminuten vor gut einer Woche zusammen. Schottner präsentiert die Sendung im Wechsel mit seiner Kollegin Judith Eberth.
Gespräche mit Liedern dazwischen: War Radio nicht schon immer so?
Bisher war Deutschlandfunk Nova werktags von 21 bis 0 Uhr eher Single-Haushalt als WG: Es lief nur Musik. Dass daraus nun moderiertes Wortprogramm mit eigenen Inhalten wird, ist bemerkenswert, weil der Deutschlandfunk sich wie öffentlich-rechtliche Sender generell auf einem Sparkurs befindet. Ein Wortprogramm statt Musik pur kostet aber zusätzlich. Der Sender erklärte auf Nachfrage, dass der Etat durch interne Umschichtungen von Stellen und Mitteln nicht ansteige. Trotzdem schwimmt Nova mit diesem Debüt gegen den Strom. Das tut nur, wer überzeugt ist, etwas gefunden zu haben, das gefehlt hat.
Was - oder besser: wer - das ist, verrät schon der Titel der Sendung Ab 21 - Willkommen im Nova-Club. Die jungen Leute zwischen 21 und 30 Jahren will Nova erreichen. Zwar hat der Sender, der nur über DAB+ und im Netz zu hören ist, mit einem Durchschnittsalter von 36,4 Jahren bereits eine vergleichsweise junge Hörerschaft (deutscher Radiohörer sind durchschnittlich 49,5 Jahre alt). Aber es ginge schon noch jünger und dafür will sich "Ab 21" der WG-Küche und ihrer Themen besinnen: In der ersten Woche wurde mit verschiedenen Gästen etwa über Berufsklischees, Schönheitsideale, Smartphone-Verzicht und Trinkgeld gesprochen.
Leute reden miteinander und dazwischen läuft Musik - funktioniert Radio so nicht schon immer? Im Prinzip ja. Aber konsequent umgesetzt würde das WG-Küchen-Konzept bedeuten, einen oft begangenen Fehler von Jugendformaten zu vermeiden: Dass da ein nicht mehr ganz junger Moderator mit noch älteren Leuten an der Zielgruppe vorbeiredet. Beim Trinkgeld-Thema ist das schon mal gelungen: Wie eine junge Kellnerin dem Moderator aus ihrem Alltag berichtet hat ("Fünf Prozent sind eine Beleidigung"), das hörte sich tatsächlich ein bisschen an wie ein vertrautes Gespräch am Küchentisch.
Um viele interessante Leute auftun und direkt ins Studio einladen zu können, kommt die Sendung anders als der Rest von Deutschlandfunk Nova nicht aus Köln, sondern aus Berlin, wo auch Deutschlandfunk Kultur sitzt. In der Hauptstadt gebe es die meisten skurrilen Menschen, so Moderator Schottner, die wolle man ins Radio bringen. Von denen hätten es in den ersten Sendungen noch ein paar mehr sein dürfen, es dominierten Normalo-Mitbewohner mit Normalo-Themen. In welche Richtung es gehen könnte, deutete die Sendung schon an mit einem Gast von der "Radikalen Anti Smartphone Front", der appellierte, nicht in sozialen Netzwerken sondern im Bett zu verkehren.
Dass die Sendung tags darauf in gekürzter Form auf allen möglichen digitalen Geräten abgerufen werden kann, ist übrigens auch eine gute Entscheidung. Denn so schön die WG-Küchen-Metapher auch ist - oft steht dort inzwischen gar kein Radio mehr.
Ab 21 - Willkommen im Nova-Club , werktags ab 21 Uhr auf Deutschlandfunk Nova