Neuer BR-Intendant:Vom Regierungssessel auf den Intendantensessel

Das CSU-Mitglied, Sohn des langjährigen Landtagsabgeordneten Paul Wilhelm, wurde seitdem häufig für Minister-Jobs oder die Aufgabe des Staatskanzleichefs in der bayerischen Landesregierung genannt. Er selbst wiegelt ab. Es fehle ihm die Härte zur Machtabsicherung, erklärt er in einem Porträt der Süddeutschen Zeitung.

Das wirft natürlich sofort die Frage auf, ob es an der Spitze einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt nicht um Machtabsicherung geht. Schließlich sitzen in den Gremien überall Vertreter der Parteien, die sich selbst als relevanteste der gesellschaftlich relevanten Gruppen begreifen. In München war es den vereinten Kräften der "Grauen" im Jahr 2002 gelungen, den CSU-Favoriten Gerhard Fuchs abzuwehren und stattdessen Thomas Gruber zu installieren.

Der Diplomkaufmann hört vorzeitig auf und es kann davon ausgegangen werden, dass die Personalie Wilhelm perfekt vorbereitet ist. Mit ihm, dem konzilianten Volljuristen und einstigen Journalisten, der für kurze Zeit in der Chefredaktion des Bayerischen Fernsehens wirkte, hatten sich intern offenbar fast alle abgefunden. Die CSU hatte ohnehin nichts dagegen.

Nur außen meckerte der ein oder andere. Leute wie der ehemalige ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender, den die Union der Angela Merkel und des Ulrich Wilhelm mit gütigem Zusehen der SPD vor einigen Monaten aus dem Amt hievte. Es sei "verwunderlich, dass sich Empörung nur so gezügelt zeigt", sagt Brender, der Wilhelm zwar auch für einen sehr honorigen Mann hält, und doch warnte: "Vom Regierungssessel auf den Intendantensessel ohne irgendein Zwischending, ohne eine Zeit der Erholung, der Keuschheit, das ist für mich schon hoch erstaunlich."

Gerade die Causa Brender hat - unabhängig von den konkreten Vorwürfen und möglichen Fehlentwicklungen in der ZDF-Redaktion - heftige Debatten über die Macht der Parteien im unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk gefördert. Im ZDF sitzen Ministerpräsidenten an wichtigen Funktionen, in der ARD sitzen Vertraute der Ministerpräsidenten. Hier macht so gut wie keiner Karriere ohne eine Verortung als "Roter" oder "Schwarzer". Es ist nicht mehr so schlimm wie vor 30 Jahren, aber oft schlimm genug.

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