Süddeutsche Zeitung

Neue Wirtschaftszeitung:Dienen statt dominieren

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"Oxi" - Nein - wendet sich gegen die etablierte Berichterstattung, indem das Blatt etwa die in den 1980ern-Jahren populäre Forderung nach Arbeitszeitverkürzung wiederbelebt. Die Redaktion leitet Ex-"Frankfurter Rundschau"-Chef Storz.

Von René Martens

Die 1980er-Jahre sind schon oft zurückgekehrt. Ein erneutes Revival möchte nun der Politikwissenschaftler und Philosoph Michael Hirsch herbeiführen. Die damals populären Forderungen nach Arbeitszeitverkürzungen müssten wiederbelebt werden: Es gelte, "für die 32-Stunden-Woche als kurzfristiges Ziel zu kämpfen" - und "perspektivisch für die 25-Stunden-Woche", schreibt Hirsch in der neuen linken Wirtschaftszeitung Oxi.

Nach einer Nullnummer Mitte Mai liegt Oxi künftig an jedem ersten Samstag im Monat den 30 000 Abonnentenexemplaren des Neuen Deutschland (ND) bei, ab dem darauf folgenden Dienstag ist das 24 Seiten starke Wirtschaftsblatt dann für 3,50 Euro am Kiosk erhältlich.

"Oxi" bedeutet "Nein", der Titel bezieht sich auf den Ausgang des griechischen EU-Referendums 2015. Das Nein richtet sich gegen die etablierte Wirtschaftsberichterstattung. Plädoyers für eine radikale Senkung der individuellen Arbeitszeit wird man anderswo schwerlich finden. Generell haben die Herausgeber den Anspruch zu "diskutieren, wie die Wirtschaft vom Diktator zum Dienstleister einer demokratischen Gesellschaft werden kann".

Der bekannteste Oxi-Macher ist Chefredakteur Wolfgang Storz, von 2002 bis 2006 in gleicher Funktion bei der Frankfurter Rundschau. Storz ist einer von drei Mitgliedern der hinter dem Projekt stehenden Common Verlagsgenossenschaft. Neben ihm investieren zwei ND-Angestellte privates Geld: Chefredakteur Tom Strohschneider und Geschäftsführer Olaf Koppe.

Das ND kümmert sich bei Oxi unter anderem um den Vertrieb, die Genossenschaft habe derzeit "noch keine eigene verlegerische Struktur", wie Koppe sagt. Man wolle mit dem Supplement "neue Zielgruppen aufschließen" und einen zusätzlichen Anreiz schaffen, die Wochenendausgabe zu abonnieren, die gerade überarbeitet wird. Zu den Elementen, die Oxi von der ND-Wirtschaftsberichterstattung abheben, gehört eine regelmäßige Sprachkritik. In solchen Texten geht es etwa darum, wie viel Meinung bereits in Begriffen wie "Steuerentlastung" enthalten ist.

Bisher haben Storz zufolge nur "einige hundert" Sympathisanten Oxi als eigenständigen Titel abonniert. Diese Zahl müsse "schnell stark erhöht werden". Dafür stehen nur vergleichsweise bescheidene Mittel zur Verfügung. In Werbung an den Verkaufsstellen werde bis Jahresende eine Summe fließen, die laut Storz "ungefähr dem Monatsgehalt eines Spiegel-Ressortleiters entspricht".

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Quelle:
SZ vom 06.10.2016
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