Neue WDR-Serie:Ein Mann, ein Kater

Neue WDR-Serie: Kann dieser Mann genug "Panther" verkaufen? Peter Jordan als Staubsaugervertreter.

Kann dieser Mann genug "Panther" verkaufen? Peter Jordan als Staubsaugervertreter.

(Foto: Willi Weber/WDR)

Es gibt sie, die guten Serien im deutschen Fernsehen. "Der Rheinische Cowboy", den der WDR gerade dreht, könnte eine solche werden. Darin blickt ein Staubsauger-Vertreter in die Abgründe der Vorort-Hölle.

Von Hans Hoff

Der Star ist müde. Er schaut aus schläfrigen Augen in die sonnige Dezemberwelt des Vorgartens, und dann zeigt er kurz mal Zunge, bevor er sich wieder wegkuschelt. Zu viel los hier in Rösrath vor den Toren von Köln.

Etliche Transporter blockieren die Einfahrt zu einem noblen Bungalow. Drinnen wuseln Film-Menschen durcheinander, schieben Kameras von hier nach dort und dann wieder von dort nach hier. Zu viel Aktion für den heimlichen Star, einen Kater, der später im Fernsehen Samson heißen wird. Er ist einer von zwei Helden in einer neuen WDR-Miniserie, die derzeit noch den Arbeitstitel Der rheinische Cowboy trägt.

Die Titelrolle spielt Peter Jordan. Er mimt einen Staubsaugervertreter, der binnen anderthalb Monaten 60 Exemplare vom "Panther 2000" verkaufen muss, womit nicht der Kater gemeint ist. Seine Frau soll jedenfalls auf keinen Fall merken, dass es für den Gatten gerade um alles geht. Entweder Verkaufserfolg oder Kündigung. Also muss er rein in die Bungalows und die Menschen überzeugen vom "Panther 2000". Natürlich gelingt ihm das in den sechs Folgen der Serie allenfalls mittelgut.

Mit dem Rheinischen Cowboy reiht sich der WDR ein in die Riege jener, die kapiert haben, dass man neben teuren Projekten auch kostengünstig etwas auf die Schiene setzen kann, das zudem die seltene Farbe Humor bietet.

Alle reden von guten Serien, die angeblich die Deutschen nicht können. Dabei funktioniert in Wahrheit weit mehr, als auf den ersten Blick ersichtlich ist. Der Tatortreiniger hat quasi vorgelegt und als Referenzprodukt jede Menge Preise eingeheimst - von diesem Donnerstag an laufen im NDR sechs neue Folgen. Lerchenberg, Eichwald, MdB und Ellerbeck konnten sich beim ZDF sehen lassen. Und mit Jennifer - Sehnsucht nach was Besseres ist schon das nächste NDR-Projekt am Start.

Natürlich soll auch Der rheinische Cowboy lustig werden. Nicht platt lustig, sondern eher hintergründig lustig. Darauf deutet das Konzept hin: Es lebt davon, eine Figur als Fremdkörper in unbekannte Welten eintauchen zu lassen. Diese unbekannten Welten liegen im Kölner Vorland, und dort lauern Abgründe.

Einmal zum Beispiel steht Jordan in einem Wohnzimmer. Der Hausherr hockt am Boden und versucht, mit Schaufel und Kehrblech die Reste der gerade eben zerschellten Schwiegermutter-Urne zusammenzufegen. "Das wäre eigentlich der Moment, in dem der Panther seine volle Stärke beweisen könnte", sagt der Staubsaugervertreter pflichtgemäß. "Meine Schwiegermutter ist nicht gestorben, um in Ihrem Staubsaugerbeutel zu landen", bellt der Hausherr.

Jack Lemon und Jacques Tati als Paten

Es ist nur ein kurzer Ausschnitt aus einer Folge, aber die Konstellation macht deutlich, woraus die Serie ihren Humor saugt. Fragt man Jordan, wie er die Figur des Staubsaugervertreters sieht, zieht er Jack Lemmon und den großen Jacques Tati als Paten heran.

Vom einen holt er die Körperlichkeit, vom anderen die Hektik. "Wichtig für die Komik ist eine gewisse Form von Unverhältnismäßigkeit", sagt Jordan, von dessen Künsten am Set viele schwärmen. Er verkörpere perfekt diesen Arbeiterklassenhelden, den man aus britischen Filmen zu kennen glaubt. Immer wieder bekommt er auf die Fresse, aber er lässt sich nicht unterkriegen. Jordan könne so etwas sehr fein spielen, heißt es. Der Gelobte sieht sein Tun unspektakulärer. "Ich vertraue dem Regisseur", sagt er.

"Wenig Geld, dafür viel Freiheit"

Drehstart für neue WDR-Serie mit Peter Jordan als Staubsaugervertreter

Jemand gerät auf fremdem Terrain in skurrile Situationen: Lars Jessen (Regisseur), Hasso Gründel (Peter Jordan) und Kater "Samson" (von links) bei den Dreharbeiten zu "Der rheinische Cowboy".

(Foto: WDR/Willi Weber)

Der Regisseur Lars Jessen hat viel in Vorabendserie gemacht, aber auch ein paar Tatort-Folgen inszeniert. "Peter Jordan hat eine eher physische Komik. Er hat diese Funny Bones", lobt er seinen Hauptdarsteller. Er weiß, dass viel Vertrauen in ihn und sein Team gesetzt wird. Ein bisschen funktioniert das nach dem Prinzip, das Jessen lapidar formuliert: "Wenig Geld, dafür viel Freiheit." In 24 Drehtagen entstehen 180 Minuten Fernsehen, die Kosten sind mit etwa 8000 Euro pro Minute sehr überschaubar. Ein Tatort kostet pro Minute locker das Doppelte.

Die niedrigen Kosten und die damit einhergehende Selbstausbeutung der Aktiven sind indes nicht das Ausschlaggebende. "Man kann für 8000 Euro pro Minute auch ganz schlechtes Fernsehen machen", sagt Jutta Müller, die als Produzentin weiß, wie man Geldnöte erträgt. "Es ist immer knirsch und knapp", sagt sie. Aber in diesem Fall geht es eben nicht um Geld. Es geht allen um die Chance.

Sie haben sich gemeinsam auf einen festen Etat eingelassen, haben gesagt: Das kriegen wir hin, und jetzt wollen sie gemeinsam eine Serie etablieren, die man sehen muss, über die man spricht. Ein bisschen was hat es auch mit der Rückkehr des Bauchgefühls zu tun, mit der Chance, nicht mehr durch die jegliche Kreativität abtötende Marktforschung zu müssen, Fernsehen so machen zu dürfen, wie man es selber sehen möchte. "Das ist so, wie wir denken, dass es gut ist", sagt Jessen.

Gut kann es aber nur werden, wenn das Konzept stimmt. "Er will Staubsauger verkaufen und gerät in ganz andere Dinge hinein", erklärt Lars Albaum die Lage der Hauptfigur. Albaum hat als Teil eines Autorentrios die Drehbücher mitgeschrieben und vergleicht seine Hauptfigur mit Don Quichotte. "Er kommt immer wieder mit Grundoptimismus in die Situationen", erklärt er die Struktur der Serie und macht deutlich, dass die Hauptfigur, der Vertreter, immer wach bleiben muss. "Seine Hartnäckigkeit ist wichtig", sagt Albaum, dem daran liegt, Tragik und Komik zu vereinen.

Albaum kennt sich aus mit lustig gemeinten Serien. Er nennt sich "Lohnschreiber ohne Tabus", er hat für RTL-Serien wie Das Amt oder Nikola geschrieben, aber auch für Mord mit Aussicht und Stromberg, er weiß, wie man Dinge hoch hängt, um ihnen dann amüsiert beim Fallen zuschauen zu können.

Prominent platziert

Natürlich muss sich Albaum auch dem Tatortreiniger stellen. Die kleine feine Serie gilt inzwischen als Benchmark, wenn es um die kleine Tragikkomik zwischendurch geht. Unübersehbar sind die Parallelen zum Rheinischen Cowboy. Hier wie dort gerät jemand auf fremdem Terrain in skurrile Situationen, hier wie dort lebt die Hauptfigur von ihrer Naivität und findet aber in der Regel mit Bauernschläue aus den Problemen.

Albaum versteht, dass so etwas natürlich den Vergleichsreflex auslöst. Damit kann er leben, solange man sein Streben akzeptiert. "Wir sind in Sachen Umsetzung nah am Highscore", behauptet er für die aktuelle Produktion und gesellt sich damit zu jenen, die diese Serie mit ihrem Enthusiasmus füttern.

Es könnte also etwas werden mit dem Rheinischen Cowboy, wenn sich das, was die Beteiligten einbringen, wirklich im fertigen Produkt widerspiegelt. Einen Starttermin gibt es noch nicht, aber im WDR versichert man, die Serie werde prominent platziert, voraussichtlich im Spätsommer oder Herbst 2016. Dann wird man sehen, wie gut der Rheinische Cowboy reiten kann und wie er mit seiner Katze umgeht. Katzen kommen ja immer gut im Fernsehen.

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