Neue TV-Serien:Das sind die interessantesten Serien des Monats

"Sharp Objects" ist ein opulentes Südstaaten-Schauerstück. Eine Tankstellen-Sitcom trifft in der aktuellen Rassismus-Debatte nicht den richtigen Ton.

Von SZ-Autoren

Sharp Objects (Sky)

1 / 7
(Foto: Sky)

Reporterin Camille wird in ihre Heimat geschickt, um zum Mord an einem jungen Mädchen und dem Verschwinden eines weiteren Mädchens zu recherchieren. Wind Gap, Missouri, ist ein schwül-schwitziges Kaff, in dem die Erwachsenen unter sirrenden Ventilatoren an kalten Drinks nippen und zum Stadtgründungsfest die Flagge der Konföderierten schwenken, während die verbliebenen Teenie-Mädchen wie im Musikvideo auf Rollschuhen durch die leeren Straßen schweben. Für die Alkoholikerin Camille ist der Ausflug ein Trip in die eigene Vergangenheit: Auch sie fuhr einst auf Rollschuhen durch Wind Gap, auch sie verlor eine Schwester, als beide noch Teenager waren. Die achtteilige Serie "Sharp Objects" beruht auf dem gleichnamigen Thriller von Gillian Flynn ("Gone Girl"), die auch an den Drehbüchern mitgeschrieben hat. Regisseur Jean-Marc Vallée ("Big Little Lies") und Showrunnerin Marti Noxon haben aus der Vorlage ein opulentes Südstaaten-Schauerstück geschaffen, das in Ausstattung und Inszenierung an "True Blood" erinnert; immer knapp dran am Zu-dick-aufgetragen-Sein, aber eben nie jenseits der Geschmacksgrenze. Das Beste an der Serie sind aber die Schauspielerinnen: Amy Adams ist als Camille ein fahriges Häuflein Mensch, das wider Willen zurückfällt in alte Verhaltensmuster. Für die Zeit der Recherchen zieht sie in ihr früheres Zuhause ein, in eine Villa, die mehr Spuk- als Elternhaus ist. Das liegt vor allem an Patricia Clarkson, die als Camilles Mutter so gefühlskalt und ätzend sein darf, wie es im amerikanischen Fernsehen schon sehr lange nicht mehr zu sehen war. Und in Rückblenden wird Camille von Sophia Lillis gespielt, die im Remake von "Es" ihren ersten großen Auftritt hatte und zu den interessantesten Gesichtern ihrer Generation gehört. Von Karoline Meta Beisel

Art of Crime (ZDFneo)

2 / 7
(Foto: Thierry Langro/ZDF)

Der banausige Polizist Antoine und die Kunsthistorikerin Florence müssen als ungleiches Ermittlerduo den Mord an einem Kunstdieb aufklären. Die Produktion für France 2 spielt im Kunstmilieu, gedreht wurde im Louvre. Dort decodiert Florence die Werke, streut Informationen aus den Künstlerbiografien. Aber der Zuschauer wird nicht für einen Idioten gehalten, dafür ist nämlich Antoine da. So nehmen selbst Kunstneulinge etwas aus der Serie mit. Die drei Doppelfolgen (seit 27.7. freitags um 21.45 Uhr) behandeln Werke von Leonardo da Vinci, Théodore Géricault und Antoine Watteau. Und die Ermittlungen beschränken sich nicht nur auf den Mord. Klassische Krimispannung kommt nicht auf, dafür kommentieren die Figuren die Gemälde zu oft. Genau dadurch vermittelt "Art of Crime" aber Kultur, ganz spielerisch, ohne den Charakter klassischer Lehrdokus. Lesen Sie hier die vollständige Rezension von Runa Behr.

Tanken - mehr als Super (ZDF-Mediathek)

3 / 7
(Foto: Marion von der Mehden/ZDF)

Würde Nesrin unter dem Hashtag #metwo von ihrem Besuch an der Tankstelle berichten - volltanken, Zapfsäule zwei -, sie hätte viel zu erzählen. Von Kommentaren an der Kasse, dass sie dorthin zurückgehen solle, wo sie hergekommen ist. Ob das Kopftuch beim Autofahren nicht störe, der eingeschränkten Sicht wegen? Und natürlich von ihrem Konter: "Nicht mehr als Ihr Brett vorm Kopf." Die Sitcom "Tanken - mehr als Super" für ZDFneo grätscht gerade zu einem ganz speziellen Zeitpunkt in die aktuelle Debatte zu Rassismus im Alltag. In den sozialen Netzwerken teilen Menschen mit Migrationshintergrund millionenfach erschreckende, beschämende, berührende Erfahrungen. Erfahrungen wie die von Nersin (Sara Fazilat) an der Tanke. Allerdings greift die erste Folge der Sitcom sie nicht intelligent-entlarvend auf, sondern als ziemlich flache, ziemlich erwartbare Schenkelklopfer. Kann man da wirklich drüber lachen? Zu diesem Zeitpunkt noch viel weniger als zu jedem anderen. Lesen Sie hier die vollständige Rezension von Runa Behr.

Who is America? (Sky)

4 / 7
(Foto: obs)

Sacha Baron Cohen ist zurück und er tut, zehn Jahre nach dem Kinoerfolg "Borat", neun Jahre nach seiner Kunstfigur "Brüno" und 14  Jahre nach "Da Ali G Show", was er schon immer getan hat. Er verkleidet sich - möglichst absurd - und interviewt mit starkem Akzent bekannte öffentliche Personen oder solche, die exemplarisch für ein spezifisches Milieu stehen. Cohens Prinzip dabei ist es, sein Gegenüber mit der größtmöglichen Peinlichkeit oder der irrstmöglichen Haltung zu konfrontieren. Dann wartet er ab, wie weit der andere ihm in den angebotenen Irrsinn hinein folgt. Kleiner Spoiler: meistens sehr, sehr weit. Natürlich ist es unterhaltsam, dem Improvisationsgenie Sacha Baron Cohen dabei zuzuschauen, wie er mit seiner eigenen Schamlosigkeit die der anderen ins Spektakuläre steigert. Die Frage ist nur, ob dieser Humor noch in eine Zeit passt, in der vermeintlich konservative Politiker auch ohne Enthemmungshilfe von ganz allein Dinge sagen, die zur Zeit von Cohens größten Erfolgen noch unsagbar gewesen wären. Lesen Sie hier die vollständige Rezension von Kathleen Hildebrand.

Schockwellen (Arte-Mediathek)

5 / 7
(Foto: dpa)

Die vierteilige Miniserie erzählt wahre Schweizer Kriminalfälle nach, die Schockwellen ausgelöst haben, daher auch der übergeordnete Titel. Die Episoden sind nur durch dieses Überthema miteinander verbunden, stehen sonst für sich, Filmemacher und Schauspieler wechseln. Regisseurin Ursula Meier erzählt etwa den Fall eines Jungen, der seine Eltern ermordet hat, aber sie wertet nicht, ordnet nicht ein. Sie gibt auf komplexe Fragen lieber gar keine Antworten als unzureichende. Das macht die Miniserie stark, erschaffen die einzelnen Filme doch ebenjene Leerstellen, die solche Taten hinterlassen, die Ratlosigkeit, die nachhallt - selbst dann, wenn man die Filmwelt schon längst wieder verlassen hat. Lesen Sie hier die vollständige Rezension von Runa Behr.

Mit 80 Jahren um die Welt (ZDF-Mediathek)

6 / 7
(Foto: ZDF und Tom Strohmetz)

Die sechs Teilnehmer kennen einander nicht, als sie am Frankfurter Flughafen zusammengeführt werden, um unter der Reiseleitung von ZDF-Moderator Steven Gätjen sechs Länder in vier Wochen zu erkunden. Wohin es geht, zum Auftakt nach Südafrika, im Anschluss nach Dubai, erfahren sie erst in letzter Minute. Die Temperamente von Bernd, Christina, Erika, Lothar, Marianne und Norbert sind grundverschieden - ein Kompliment ans Casting! -, aber eines verbindet sie doch: Sie haben noch nicht viel von der Welt gesehen und möchten das auf ihre alten Tage noch ändern. Auch wenn der unerklärlich späte Sendeplatz dienstags um 22.45 Uhr anderes suggeriert: "Mit 80 Jahren um die Welt" ist keine Reportage, kein Psychogramm der letzten Kriegskinder-Generation. Es ist eine Feier des Lebens und eine Erinnerung, sich an seinen Schönheiten zu erfreuen, solange man kann. Lesen Sie hier die vollständige Rezension von David Denk.

Succession (Sky)

7 / 7
(Foto: Sky)

Logan Roy ist Medienunternehmer am Rande der Altersdemenz und seine vier Kinder scharren bereits mit den feinen Lederschuhen, um unter Einsatz von Ellenbogen und anderen Körperteilen endlich an die Konzernspitze zu stürmen. "Succession" spart nicht an bissigem Zynismus und Flüchen, was zunächst durchaus unterhaltsam anzuschauen ist. Doch drückt sich die Serie um eine klare Entscheidung, ob sie nun Drama oder Satire sein will. Und die satirischen Elemente zielen zu wenig auf das Medienbusiness als solches ab, sondern zeigen wieder nur einmal, wie verkommen es hinter den Glasfassaden steriler Wolkenkratzer zugeht, alles von einer szenenweise fast dokumentarisch anmutenden Kamera in Hochglanzbilder gebannt. Schade für den Zuschauer, dass so das durchaus angelegte Potenzial einer Abrechnung mit der Branche nicht vollständig ausgespielt wird. Lesen Sie hier die vollständige Rezension von Runa Behr.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: