Neue Staffel "Game of Thrones":Ein Algorithmus weiß, wer bei "Game of Thrones" als nächster sterben wird

Game of Thrones

Was bringt die Zukunft für Arya Stark (Maisie Williams)? Als Mitglied der Stark-Familie hat sie gute Chancen auch in der 6. Staffel zu überleben.

(Foto: HBO/AP)

Für Serienfans ist das nur bedingt nützlich.

Von Robert Hofmann

Dass der neue König sterben muss, ist fast sicher. Er wird in die neue Game of Thrones Staffel mit einer Todeswahrscheinlichkeit von 97 Prozent starten. Daenerys Targaryen, die Mother of Dragons und eine der beliebtesten Figuren der Show, mit immerhin 95 Prozent.

An der TU München haben Informatik-Studenten eine Lösung für das Problem gefunden, das alle Game of Thrones Fans kennen: Die Macher der Show sind knallhart, wenn es darum geht, ihre Charaktere sterben zu lassen. Fans wissen somit nie, womit sie zu rechnen haben, welche geliebte oder gehasste Figur ihnen als nächste abhanden kommt. Jetzt aber will ein Algorithmus die Wahrscheinlichkeit voraussagen, mit der eine Figur sterben wird.

Um die Vorhersage zu erstellen, wühlen sich Programme durchs Internet, bergen Informationen über die Serie und verleiben sie sich in Form diverser Variablen ein - und werden mit der Zeit immer genauer. "Die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Aussage darüber stimmt, dass ein Charakter stirbt, liegt bei 74 Prozent", sagt Tatyana Goldberg, eine der drei Leiterinnen des Studenten-Projekts.

Statistik lässt Charaktere zu Variablen werden

Wer ein bisschen Ahnung von Statistik hat, versteht das Prinzip schnell. Variablen werden zueinander in Beziehung gesetzt, um eine bestimmte Frage zu beantworten. Diese ist hier eben die Frage danach, ob eine Figur sterben muss.

Die Variablen sind dabei zuerst die Charaktere selbst. Sie werden von dem Programm als Bündel verschiedener Faktoren definiert: zum Beispiel die Dynastie, der ein Charakter angehört, ob er adelig ist oder ob sein Vater noch lebt. So gibt es zahlreiche Faktoren für die Wahrscheinlichkeit, mit der eine Figur demnächst sterben wird. Vertreter der Targaryan-Familie zum Beispiel sterben eher als Starks.

Die Macher behaupten, zu wissen, ob Jon Snow lebt

Auch auf die Frage, ob Jon Snow tot ist, gibt die Homepage des Projekts eine Antwort. Seine Todeswahrscheinlichkeit liegt bei 11 Prozent. Das ist nicht viel. Auf Nachfrage aber erklären die Studenten, dass diese Information bereits auf der Annahme beruht, dass Jon Snow noch lebt - was am Ende des aktuellsten Buches von George R. R. Martin der Fall ist, in der Fernsehserien-Adaption aber im Unklaren gelassen wird.

Was man auf der Seite der Informatiker auch erfährt, ist, dass Tommen Baratheon, der todgeweihte König, nicht besonders beliebt ist. Auf der Homepage prangt nämlich auch eine Grafik, die die positiven und negativen Twitter-Reaktionen auf die einzelnen Charaktere darstellt.

Die Twitter-Reaktionen beziehen sich freilich auf die Fernsehserie, während sich die Vorhersagen auf die Bücher beziehen. Sie sind deshalb nur eines von mehreren Gimmicks, die wenig mit dem eigentlichen Modell zu tun haben. Christian Dallago, eine studentische Hilfskraft, die auch an der Leitung des Projekts beteiligt war, erklärt: "Zuerst wollten wir auch die Twitter-Daten mit in unsere Vorhersagen einfließen lassen. Das hat aber zeitlich nicht mehr geklappt. Wir hatten nur 50 Tage für das ganze Projekt. Wir überlegen gerade, ob wir es im nächsten Semester fortführen und dann auch diese Daten mit einbeziehen."

Ein Artikel auf der Seite des Projekts geht sogar noch weiter. Er erklärt, warum Jon Snow wahrscheinlich wieder in der Fernsehserie zu sehen sein wird. Um diese These zu belegen, haben die Studenten verschiedene Fantheorien aus dem Internet gesammelt. Tatsächlich aber hat die Vorhersage nichts mit dem eigentlichen Projekt zu tun, sondern soll nur öffentlichkeitswirksame Zusatzinformationen bieten. "Wir hatten einen Studenten, der sich intensiv damit beschäftigt hat, eine Seite für 'Fanbase-Predictions' zu erstellen.", erklärt Christian Dallago. "Wir haben das gemacht, um die Seite interessanter zu machen." Das heißt, dass sich die Informatiker hier nicht besser auskennen als ein beliebiger Game of Thrones-Blogger.

Game of Thrones wird nur zu PR-Zwecken benutzt

So wird auch deutlich, warum sich die Studenten für Game of Thrones als Untersuchungsobjekt entschieden haben. Die Prognosetechnik, die sie verwenden, stammt eigentlich aus der Biologie. Durch die Anwendung auf die Popkultur wird vor allem eines bezweckt: Mediale Aufmerksamkeit. "Ich bin ein großer Fan der "A Song of Ice and Fire"-Buchreihe. Weil wir immer ziemlich lange auf die Veröffentlichung eines neuen Buches warten müssen, wollte ich wissen, was mit all meinen Lieblingscharakteren passieren wird", erzählt Guy Yachdav, der Initiator des Projekts.

Erfolg hatten Yachdav und seine Mitstreiter: Das Projekt erfährt ein gigantisches Medienecho, sogar in Russland wird darüber berichtet. "Wir waren selbst überrascht davon, wie viel positives Feedback wir bekommen haben. Überall wird mittlerweile über unser Projekt berichtet", sagt Tatyana Goldberg.

Will man glauben, dass sich menschliche Kreativität vorhersagen lässt?

Zuletzt bleibt zu fragen, wie genau ein fiktives Werk vorhergesagt werden kann. Immerhin entspringt es der Kreativität von Menschen. Entweder also können die Algorithmen menschliche Kreativität erklären, oder sie schaffen es nur zufällig, häufig richtig zu liegen - etwa wie ein Oktopus, der Fußballspielergebnisse zu kennen scheint.

Immerhin, der Algorithmus hat den Tod von Stannis Baratheon mit einer Wahrscheinlichkeit von 96 Prozent vorhergesagt - obwohl dieser in den Büchern noch gar nicht gestorben war.

Die neue Staffel von Game of Thrones läuft jedenfalls am Sonntag den 24. April an. Es dauert also nicht mehr lange, bis die Fans der Serie selbst herausfinden können, wer stirbt und wer weiterlebt. Und ehrlich: Wäre es nicht sehr viel unterhaltsamer, wenn sie vorher nicht wüssten, was sie erwartet?

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