Süddeutsche Zeitung

Neue Serie "Search Party":Beschäftigungstherapie gegen die Quarterlife Crisis

Ich-bezogen, oberflächlich und nicht besonders sympathisch. Die Protagonisten der Serie "Search Party" kreisen um sich selbst. Dabei gilt es doch eigentlich, ein verschwundenes Mädchen zu finden.

TV-Kritik von Thomas Feiler

Dory steckt in der Quarterlife Crisis: der Midlife Crisis für Mittzwanzinger. Sie ist unglücklich über ihren Job als persönliche Assistentin einer reichen Hausfrau, in ihrer Beziehung streitet sie sich die meiste Zeit und sie weiß selbst nicht, weshalb die Welt oder wenigstens ihre Freunde sie vermissen sollten, wenn sie verschwinden würde. Einen Ausweg aus ihrem Selbstmitleid findet sie erst, als jemand anders verschwindet. Chantal, die Dory (Alia Shawkat, "Arrested Development") aus Collegezeiten kennt - wobei kennen schon zu viel gesagt ist. Eigentlich kann sich Dory nämlich nur an eine einzige Begegnung mit ihr erinnern. Aber Dory braucht dringend ein neues Ziel, und ihr Ziel heißt jetzt: Chantal finden.

Nach Stoff für eine Komödie klingt das nicht unbedingt. Und tatsächlich wechseln sich in der Geschichte, deren Genre der Produktionssender TBS als dark comedy bezeichnet, eher heitere Szenen mit Krimi-Elementen ab. Ergänzt durch treffende Generationsbeobachtungen. Dass ihr diese besonders liegen, konnte Showrunnerin Lilly Burns schon bei der von ihr produzierten hochgelobten Sitcom "Broad City" beweisen. Bei "Search Party" stand ihr nun Michael Showalter zur Seite, der zuletzt mit der Serien-Fortsetzung seiner Komödie "Wet Hot American Summer" einigen Erfolg hatte. "Search Party" schließt daran an: Die Serie wird als eine der besten dieses Jahres gefeiert.

Ich-bezogen, oberflächlich und auch nicht besonders sympathisch

Deren Konzept geht zwar nicht immer auf, aber es ist unterhaltsam, Dory und ihre Freunde in oft eigentlich unangenehmen Situationen zu beobachten. Etwa, wenn bei einem gemeinsamen Essen Chantals verkorkster Ex von Dorys Freund wissen will, was für Pornos er gerne guckt. Aber auch Dorys eigene Clique ist eher merkwürdig: Außer ihrem dauernörgelnden Freund gehören dazu die eingebildete Schauspielerin Portia, die in einer Krimiserie spielt, die nicht mal ihre eigene Mutter gucken will, und Elliot, ein selbstdiagnostizierter Narzisst.

Keiner von ihnen kannte die verschwundene Chantal wirklich und leiden konnte sie auch niemand. "Sie hat genervt", erinnert sich Elliot. "Sie hat sich ständig die Haare in der Öffentlichkeit gebürstet. Und alle dachten nur: Mach das doch bitte Zuhause." Kurz darauf heuchelt er aber auf Twitter Betroffenheit und schreibt, wie schockiert er über das Verschwinden dieses süßen Mädchens sei.

Alle in dieser Truppe sind ich-bezogen, oberflächlich und auch nicht besonders sympathisch - dafür aber schrill und sehr skurril, genau wie die anderen Figuren, auf die Dory im Laufe ihrer Amateurermittlungen stößt: Chantals Mitbewohnerin, die sich gegen Geld dabei zusehen lässt, wie sie als kleines Mädchen verkleidet Hasen streichelt; die Mitglieder einer Sekte, die bei einer okkult anmutenden Zeremonie Frauen beim Gebären beobachten, und deren Anführerin, die Dory mit einem verstörenden Dauergrinsen seltsame Komplimente macht: "Bist du eine Künstlerin? Du hast die Arme einer Töpferin."

Gegen Ende werden die Situationen absurder, die auftretenden Figuren noch abgedrehter. Gleichzeitig wird "Search Party" aber auch düster: Jemand stirbt, das heißt: vielleicht, so ganz klar wird das nicht. Unklar ist auch, wie aus dieser Ausgangslage in der zweiten Staffel wieder eine Komödie werden soll - der Sender TBS hat neue Folgen bestellt. Sicher ist aber: Dory und ihre abgedrehten Freunde haben schon in dieser ersten Staffel gezeigt, dass auch ein Unglücksfall Stoff für eine Sitcom sein kann.

TNT Comedy, 17. und 18.12., ab 21.50 Uhr, jeweils fünf Folgen

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