Süddeutsche Zeitung

Neue Serie:Schuld tragen sie alle

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Gerade waren sie noch fünf vermeintlich normale Bürger - jetzt sollen sie plötzlich gefährliche Spione sein. Ist das alles nur ein Irrtum? Die Serie "False Flag" startet an diesem Montag bei Fox und Sky.

Von Ronen Steinke

In Wahrheit war es ein Mord in einem Luxushotel, der sich zum internationalen Debakel auswuchs. Ein Killerkommando des israelischen Geheimdienstes Mossad hatte am 20. Januar 2010 in Dubai einem hohen Hamas-Funktionär aufgelauert, Mahmud al-Mabhuh. Um unauffällig anreisen zu können, hatten die Mossad-Leute sich gefälschte Pässe aus Großbritannien, Irland, Frankreich und Deutschland besorgt. Deshalb wies, als die heimliche Operation schließlich aufflog, ein falscher Verdacht auch in diese Länder.

Die Serie False Flag, die an diesem Dienstag in Deutschland startet, spinnt die Geschichte jetzt weiter, und in der Fiktion wird aus dem Debakel ein Desaster, das noch mehr Unbeteiligte hineinzieht. Die erste Folge beginnt mit Eil-Nachrichten im Fernsehen: Fünf Israelis sollen in einem Luxushotel in Moskau den iranischen Außenminister gekidnappt haben. Fünf Israelis verfolgen diese Bilder fassungslos im Fernsehen, sie sehen ihre eigenen Passfotos; diese Pässe sollen die Attentäter benutzt haben. Aber die Fünf - unter ihnen ein Chemiker, eine Lehrerin, eine Braut am Vorabend der Hochzeit - beteuern, dass sie nicht wissen, wie ihnen geschieht.

Es dauert nicht lang, und zwei Dinge geschehen: Auf der Straße in Israel kommen Leute plötzlich auf sie zu und gratulieren ihnen zu der tollkühnen Aktion, man habe ja gar nicht ahnen können, dass sich hinter dem braven Familienvater in Wahrheit so ein Teufelskerl verberge! Gleichzeitig rücken ihnen auch die israelischen Sicherheitsbehörden zu Leibe, auch sie interessieren sich sehr für ihr vermeintliches Doppelleben. Denn tatsächlich wissen auch sie anfangs nicht recht, was hier gespielt wird.

Auf den Spuren der Erfolgsserie Homeland

Die fünf Leute, so viel wird deutlich, sind ausgenutzt worden (jedenfalls die meisten von ihnen). Die Frage, der nun False Flag in acht schnellen, facettenreichen, sehr unterhaltsamen Episoden nachgeht, lautet: von wem und warum? Vielleicht sind die fünf wirklich unschuldig, eine Schuld der einen oder anderen Art trägt trotzdem jeder mit sich herum, eine Affäre, eine verborgene kriminelle Vergangenheit. Alle wissen sie mehr, als sie sagen. False Flag wird in Deutschland in synchronisierter Fassung ausgestrahlt, aber wahlweise auch im Original mit Untertiteln, was sich wegen des wilden Durcheinanders an Akzenten (Englisch-Hebräisch, Russisch-Hebräisch . . .) lohnt. Das macht die Charaktere aus. Die Figuren stammen aus den Federn von Maria Feldman ( Homeland) und Amit Cohen ( Allegiance).

Mit Homeland, der amerikanischen Serie, die gerade in die achte Staffel geht, fing es übrigens ähnlich an. Die reale Entführung des israelischen Soldaten Gilad Schalit, mehrere Jahre in den Fängen der Hisbollah: Der israelische Regisseur Gideon Raff machte daraus die fiktionalisierte Serie Prisoners of War. Spannend wurde sie durch die - hinzugedichteten - Zweifel daran, ob die Geisel in der Hisbollah-Haft "umgedreht" worden sein könnte, zum heimlichen Terror-Agenten. Die US-Adaption hat dann noch mal einen drauf gesetzt, mehr Adrenalin, mehr Lovestory. Aber das Thema blieb das Misstrauen an einer unschuldigen Fassade. So wie jetzt in False Flag wieder.

False Flag, Fox, ab diesem Montag, 21 Uhr (und anschließend on demand bei Sky)

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Quelle:
SZ vom 28.05.2018
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