Ash vs. Evil Dead:Sägewerk

Der Horrorfilm "Tanz der Teufel" wurde 1984 in deutschen Videotheken beschlagnahmt und daraufhin natürlich erst recht zum Kult. Jetzt kehrt der Film über Zombiegemetzel und coole Sprüche als Serie bei Amazon zurück.

Von Benedikt Frank

Ash aus Sam Raimis Film Tanz der Teufel hat deutlich zugelegt, seitdem er vor 35 Jahren das erste Mal versehentlich das Böse erweckte. Um Frauen in schummrigen Bars abzuschleppen, erfindet er die herzerreißende Lüge, er habe bei der Rettung eines Kinds seine Hand verloren. Tatsächlich fuhr in diese einst eben jenes Böse. Ash ersetzte sie deshalb durch sein Markenzeichen: eine Kettensäge, die an seinen Armstumpf andockt. Die braucht er jetzt wieder. Das Böse von damals sucht ihn jetzt in einer Serie heim.

Auch dank des Publikumserfolgs von The Walking Dead sind Untote heute schwer gesellschaftsfähig. Das war nicht immer so. Der Low-Budget-Film Evil Dead, wie Tanz der Teufel im Original heißt, erschien 1981 und wurde 1984 in Deutschland verboten. Er landete nicht nur auf dem Index jugendgefährdender Medien, sondern wurde in Läden und Videotheken beschlagnahmt, damit er selbst an Erwachsene nicht mehr verkauft wurde. Erst im Juli 2016 hob das Amtsgericht Tiergarten den Beschluss zur Beschlagnahmung auf. Pünktlich für die auf den Film aufbauende Serie Ash vs. Evil Dead. Bruce Campbell, der schon im Original den Helden Ash spielte, tritt darin erneut auf.

Tanz der Teufel traf zu seiner Zeit einen empfindlichen Nerv der Medienwächter. Filme auf VHS-Kassetten waren noch relativ neu. Sie entzogen das Filmschauen der relativ kontrollierten Öffentlichkeit von Kinos. Das Fernsehen war noch fest in öffentlich-rechtlicher Hand, sodass auch dieser Kanal größtenteils sicher vor Angriffen auf alles war, was man damals für guten Geschmack hielt. Auf einmal konnten nun aber Jugendliche Filmkopien auf Videokassetten untereinander tauschen.

Ash vs. Evil Dead

Neuauflage vs. Original: Bruce Campbell alias Ash im Serien-Remake Ash vs. Evil Dead (links) und im Original Tanz der Teufel vor 35 Jahren.

(Foto: Starz Entertainment, Renaissance Pictures)

Ein Schock für Eltern. Nach der Musik sahen sie die nächste Unterhaltungssparte ihrer Aufsicht entgleiten. Doch Video ermöglichte es nicht nur Halbstarken zu sehen, was die Alten unmöglich fanden. Das Medium beschleunigte die Privatisierung des Filmgeschmacks. Es schuf Fan-Subkulturen, die sich zwar abseits eines Durchschnittsgeschmacks bewegten, aber trotzdem noch ein Massenpublikum bildeten, breit genug, um für die Industrie interessant zu sein. Pay-TV und Videostreaming-Dienste führen heute diese Entwicklung mit modernen Mitteln fort. Bei Amazon etwa produziert man lieber Serien, die nur ein kleiner Teil der Nutzer großartig findet, als welche, auf die sich zwar viele einigen können, die aber keinen begeistern.

Wie schon das Original legt auch "Ash vs. Evil Dead" mehr Wert auf Äußerlichkeiten als auf den Plot

Heute, mit Abstand von 35 Jahren, wirkt es absurd, dass ausgerechnet Tanz der Teufel als besonders brutaler Streifen galt. Dem Mythos um den Film half das deutsche Verbot jedoch: Wer hierzulande auf dem Schwarzmarkt an eine Kopie gelangte, konnte sich nie ganz sicher sein, nun tatsächlich die ungeschnittene Version zu sehen - Nährboden für Gerüchte, dass ein noch härteres Original existierte.

Inhaltlich geschah in dem Film wenig: Junge Erwachsene sitzen im Wald und werden von einem nicht weiter bestimmten Bösen dezimiert. Doch nervenaufreibende Effekte prasselten in für die Zeit ungewöhnlich hohem Tempo auf das Publikum ein. Wer sich nicht angeekelt abwendete, konnte auch Gefallen an den mühsam gebastelten Körperattrappen der Amateurfilmer finden. Regisseur Sam Raimi (Spider Man) arbeitet längst mit großen Budgets und aufwendigen Digitaltricks statt Pappmachee. Er führt auch bei der Pilotfolge von Ash vs. Evil Dead Regie.

Die Serie legt wie schon der Film mehr Wert auf Äußerlichkeiten als auf einen raffinierten Plot. Ash ist kein naiver Junge mehr, sondern ein gealterter Achtzigerjahre-Macho. Im Rausch will er einer Frau imponieren und tut deshalb genau das, was schon in seiner Jugend das Böse freisetzte: Er liest aus dem Necronomicon, einem okkulten, mit Blut geschriebenen und in Menschenhaut gebundenen Buch. Die Nachbarn verwandeln sich bald darauf in zombieartige Kreaturen, die Ash an den Kragen wollen. Und er ihnen. Zahlreiche ebenso bluttriefende wie cartoonhaft überdrehte Slapstick-Situationen sind die Folge. Als Ansprechpartner für Ashs markige Sprüche suchen sein Kollege aus dem Supermarkt und dessen Freundin mit ihm einen Weg, das Böse zu bannen. Außerdem ist da eine ehemalige Polizistin, die Ash den Mord an ihrem Partner anhängen will.

Es passt zur Strategie von Amazons Videodienst, dass man nun diese Serie, die ursprünglich vom amerikanischen Kabelsender Starz produziert wurde, ins Programm nimmt. Explizit Horrorfans anzusprechen, zielt auf eine Nische von Enthusiasten, deren Geschmack sicher nicht jedermanns Sache ist. Wenn man an ein Franchise anknüpfen kann, mit dem ein gewisser Mythos verbunden ist, umso besser.

Als Aufreger taugt Ash vs. Evil Dead heute eher nicht mehr. In den vergangenen 35 Jahren Horrorfilm wurde schon jeder Schocker verbraucht. Und Videodienste wie Netflix oder Amazon sind durch Altersverifikation (die Serie ist ab 18 freigegeben) und Passwortschutz gezähmte Varianten der Internet-Tauschbörsen, bei denen wirklich noch jemand etwas in die Hände bekommen kann, das er nicht sehen sollte.

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