Neue Serie:Hipster in Nöten

Die ZDF Neo-Serie "Nix Festes" erzählt über die Liebe in Zeiten der Planlosigkeit - nimmt sich aber nicht allzu ernst dabei. Das macht sie äußerst unterhaltsam.

Von Veronika Wulf

Zwei junge Leute sitzen in einem Büro einem gebräunten Fernsehtypen gegenüber. "Im Prinzip geht unsere Serie über so Leute um die dreißig, die in Berlin wohnen und ihren Platz im Leben suchen", sagt Jonas, einer von den jungen. "Also, eigentlich so ein bisschen wie wir." Der Fernsehtyp antwortet: "Super, mag ich total. Einzige Frage: Muss es Berlin sein? Und samma, warum eigentlich so Leute um die dreißig? Wie wär's mit Senioren? Ich könnt' mir auch was mit Behinderten vorstellen. Nur mal so als Idee. Farbige Behinderte sogar. Mal so ganz out of the box gedacht: Müssen das wirklich Menschen sein?"

Die Serie nimmt sich nicht allzu ernst, das macht sie unterhaltsam

In der Einstiegsszene macht die ZDF-Neo-Serie Nix Festes erst mal ihr eigenes Konzept herunter. Denn genau darum geht es in der neuen Sitcom, die Markus Barth und Lars Albaum geschrieben haben: junge Leute in Berlin, die so durchs Leben wabern, in WGs und Cafés rumhängen, ohne Geld, ohne Job, ohne Beziehung - nix Festes eben. Zugegeben: Das klingt ein bisschen lahm, zumindest darin könnte man dem Fernsehfuzzi aus Szene eins recht geben. Und auch der Vorspann (Stadtansichten zu seichtem Pop-Geplänkel) lässt eher etwas wie Berlin Tag und Nacht vermuten. Tatsächlich aber hat die Sitcom deutlich mehr zu bieten.

Nix Festes

Es ist kompliziert: Wiebke (Josefine Preuß, l.), Jonas (Sebastiuan Fräßdorf) und Jenny (Marie Rathscheck).

(Foto: ZDF/Christoph Assmann)

Was die Gag-Dichte angeht, das Beziehungschaos und das Ständig-treffen-sich-alle-zufällig, erinnert die Serie an Türkisch für Anfänger und How I Met Your Mother. Josefine Preuß spielt die dickköpfige Exzentrikerin, die sie immer spielt, und Tim Kalkhof strotzt mit seinem Oberlippenbärtchen und den weit ausgeschnittenen Muskelshirts nur so vor Schwulenklischees. Übertrieben - aber lustig.

Die Handlung ist simpel: Das Autoren-Duo Jonas (Sebastian Fräsdorf) und Wiebke (Preuß) versucht eher erfolglos, seine Texte an den Mann zu bringen. Auch privat läuft's nicht so: Sie waren mal zusammen, das war aber irgendwie nichts, und ihre Dates mit anderen sind auch eher enttäuschend. Jonas' schwuler Mitbewohner Basti (Kalkhof) hat zwar auch keinen Job, aber wenigstens Sex. Mitbewohnerin Jenny (Marie Rathscheck) ist damit beschäftigt, Start-ups oder Youtube-Channel zu gründen und sich zu verlieben, ob männlich, weiblich oder irgendwas dazwischen - völlig egal, man propagiert Gender-Neutralität. Nur als das bezaubernde Transgender-Wesen sächselt, hört die Toleranz doch auf. Und dann ist da noch der urberliner Cafébesitzer Lennart (Dirk Martens), der mit all den zugezogenen Chia-Matcha-Soja-Hipstern nichts anfangen kann.

Hip-Sein ist ständig Thema, Jonas findet das ZDF - natürlich - "so was von Oma", und kennenlernen tut man sich über Tinder. Der Satz "Dit is Berlin, wa?" kommt definitiv zu oft vor, nimmt aber schön das Szene-Berlin aufs Korn, das ständig um sich selbst kreist. Generell macht sich die Serie über so ziemlich alles lustig, vor allem aber nimmt sie sich selbst nicht so ernst, das macht sie unterhaltsam.

Die Sitcom könnte sich durchaus auch im ZDF-Hauptprogramm sehen lassen oder zumindest zu einer besseren Sendezeit im Spartenkanal. Andererseits ist das auch egal, in der Mediathek sind die Folgen schon ab 20.15 Uhr abrufbar, die Zielgruppe schaut eh kein lineares Fernsehen mehr. Und das ZDF ist ja bekanntlich nur was für Omas.

Nix Festes, ZDF Neo, 22.45 Uhr.

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