Neue Sendung für Detlef D! Soost:Ausrufezeichen macht Flashmob-Show

"Popstars", "Promi-Boxen" und jetzt eine Show rund um Flashmobs - seit mehr als zehn Jahren tingelt Detlef D! Soost durchs Privatfernsehen. Er hält länger durch als andere Sender-Gesichter. Wie macht er das? Ein Besuch bei einem Animateur zwischen Dekolleté und Rinderfilet.

Marc Felix Serrao

Eine Stunde lang haben die zierliche, Dame und der durchtrainierte, kahlrasierte Riese schon zusammen geschwitzt, er hat sie angefeuert, sie hat gebrüllt, und nun, am Ende, sieht die Rentnerin wirklich sehr dankbar aus. "Ach!", ruft sie. "Hat's Spaß gemacht?", fragt er. Die Frau, eine sehnige Person um die Siebzig, lässt ihren Körper antworten. Sie geht noch einen Schritt auf den Mann zu, der ihr Sohn sein könnte, und drückt den Rücken durch, so dass ihr nasses Dekolleté fast seinen Bauch berührt. "Sehr", sagt sie leise. "Schön", antwortet er und schenkt ihr ein Lächeln, wie es Frauen in diesem Alter nicht mehr oft zu sehen bekommen: "dann bis morgen!"

Leute-News: Detlef 'D!' Soost

Detlef D!Soost trainiert nicht nur im Fernsehen, sondern auch in deutschen Ferienclubs.

(Foto: ddp)

Es ist ein warmer, windstiller Nachmittag Ende Oktober, und Detlef Soost hat wieder mal ganze Arbeit geleistet. Der 41-Jährige steht am Rand einer rappelvollen Trainingsfläche eines schicken deutschen Ferienclubs an der türkischen Riviera und grinst. "Tanz dich fit mit D!" heißt der Kurs, für den das Ressort ihn und vier seiner Tänzer für eine Woche gebucht hat. Daneben gibt es zwei Mal täglich "D!s Kids & D!s Dance Club".

"D" mit Ausrufezeichen: So nennt sich der gebürtige Ostberliner, seitdem er vor elf Jahren sein Gesicht erstmals im deutschen Privatfernsehen präsentiert hat. Da war er der strenge Tanzlehrer einer neuen Casting-Show bei Pro Sieben namens Popstars, über die damals viel geredet wurde. Das Format gibt es immer noch, beziehungsweise das Gerippe, das nach neun immer müderen Staffeln übrig geblieben ist und nächstes Jahr in eine weitere Runde klappern darf. Wer diese Entwicklung zynisch betrachten will, könnte von einem Absturz sprechen: D!, der "Star-Choreograph", muss jetzt Omas am Strand animieren, so in etwa. Das wäre zwar nicht ganz gelogen, aber trotzdem Quatsch.

Erstens arbeitet Soost schon seit fünf Jahren für den deutschen Reisekonzern, der wohlhabenden Menschen eine Art Luxusgehege mit Vollpension bietet, welches ihnen das echte Ausland weitgehend vom Leib hält und Gäste wie Mitarbeiter dazu nötigt, sich pseudo-kumpelhaft zu duzen.

Zweitens wurden bei Popstars von Nina Hagen bis Sabrina Setlur zig Nasen in die Jury gesetzt und rasch wieder ausgewechselt - gehalten hat sich nur einer, Soost.

Und drittens hat der Mann über die Jahre immer wieder neue Shows bekommen, von Die Supergärtner bis Lebe Dein Leben! - Live-Coaching mit Detlef D! Soost, dazu Auftritte bei Schlag den Star, der furchtbaren Alm oder beim RTL-Promi-Boxen, wo er Carsten Spengemann die knuffige Visage blutig schlug.

Flashmob für das Fernsehen

An diesem Donnerstag kommt noch ein Format dazu. Flash! Der größte Moment deines Lebens heißt die Sendung, die Detlef Soost zusammen mit der zeigefreudigen Charlotte Engelhardt präsentieren wird. Als "erste Flashmob-Show" bewirbt Pro Sieben das Ganze. Der Trailer sieht aus wie ein Hybrid aus Nur die Liebe zählt und Verstehen Sie Spaß?. Das kann lustig werden. Oder tragisch. Fest steht, dass Soost, der all diese Formate er- und überlebt hat, irgend etwas haben muss; etwas, das ihn länger durchhalten lässt, als die anderen Sender-Gesichter, deren Namen so schnell aufblitzen wie sie wieder verschwinden. Wer wissen will, was das ist, der kann im Strand-Club in der Türkei eine ganz gute Vorstellung davon bekommen.

Es ist kurz nach zwölf als Soost seine erste Tanzstunde in diesem Herbst beendet. Rund 20 "Teens" und 30 "Kids", wie er die jungen Teilnehmer nennt, schlurfen verschwitzt, aber erkennbar zufrieden vom Sportplatz. Auch der Trainer sieht groggy aus. Er ist in der Nacht zuvor erst gegen eins in Antalya gelandet, hat dann seine schon früher angereiste Freundin, die 28-jährige Sängerin Kate Hall, und das gemeinsame eineinhalbjährige Töchterchen begrüßt, ist um drei ins Bett gefallen und um acht wieder aufgestanden.

Jetzt, wenige Stunden später, sind seine Augenringe so dunkel wie das Leibchen, das an seinem Oberkörper klebt. Nass ist auch die Hand, die er dem Reporter aus der Heimat zur Begrüßung gibt. Wann er Zeit fürs Gespräch habe? "Komm doch erstmal mit trainieren", sagt er und marschiert mit drei seiner Tänzer in Richtung Fitnessstudio. Eine Viertelstunde später fängt Soost an zu erzählen, in kurzatmigen Minutenhäppchen. Dazwischen macht er Klimmzüge und wuchtet 80 Kilo im Bankdrücken durch die Luft. "Wir trainieren immer, jeden Tag", sagt er.

Denis, ein 23-jähriger tätowierter Schlacks, der 2007 von Soost bei Viva zum "Dance Star" gekürt wurde und seither für ihn arbeitet, steht daneben und nickt schnaufend. Soost hat seine jungen Mitarbeiter, von denen die meisten seit vielen Jahren für ihn arbeiten, ebenso gut im Griff wie die faltigen Ladies in seinen Kursen. Das merkt man sogar beim Essen. "Geil, ditt Rinderfilet!", ruft er am Abend im Restaurant quer über den Tisch. "Wer von euch hat dieses geile Rinderfilet probiert?" Keine Antwort. "Ditt müsst ihr probieren!" Im nächsten Moment stehen drei der Tänzer auf und holen sich das geile Rinderfilet.

Was zählt, ist Disziplin

Im Fernsehen hat sich der Berliner, der seinen Dialekt liebt und pflegt, früh einen Ruf als Schleifer erarbeitet. Wenn ein Teilnehmer einer Casting-Show nicht genug Engagement zeigte, konnte Soost vor allem in den Anfangsjahren schnell unangenehm werden. "Tanzfeldwebel", "Quälgeist" oder "Dompteur" waren die halb erschrockenen, halb amüsierten Ehrentitel der Zeitungen. Dabei könnte man das Ganze auch umdrehen - und sich die Kandidaten dieser wuchernden Casting-Welten anschauen. Man könnte fragen, was wirklich zynisch und kaputt ist: ein Fernsehprogramm, das die überdrehte Selbstwahrnehmung und die furchtbaren Manieren dieser Teenager und ihrer Eltern bloßstellt? Oder ein Publikum, das ein solches Trauerspiel unterhaltsam findet?

Das Schöne an Detlef Soost ist, dass er jedem, der behauptet, dieses oder jenes nicht zu können, weil er oder sie es schwer hatte, ein kaltes Lächeln schenken kann. Er, das Heimkind, dessen Mutter früh starb, der als "Neger" von Skinheads durch die Stadt gejagt wurde, und der seinen inzwischen verstorbenen afrikanischen Vater erst vor wenigen Jahren fand, einen Mann, der ihm erklärte, dass er ihn "einfach vergessen" habe. Wer so aufwächst, erzieht sich zwangsläufig allein, muss selbst Vater und Mutter spielen und Disziplin lernen.

Detlef Soost, von dessen Sendungen man halten kann, was man will, hat das auf beeindruckende Weise geschafft. Über die Jahre hat er ein eigenes kleines Reich aus fünf Firmen für Tanz, Fernsehen, Motivationsseminare und Coaching ("meine Kernkompetenzen") aufgebaut, hat deutschlandweit 138 Tanzschulen in einer Art Franchise-System mit Choreographien versorgt und so viel Geld verdient, dass seine drei Kinder von zwei Frauen "sich keene Sorgen mehr um die Ausbildung machen müssen". Früher, sagt er nach dem Training bei einem Becher Pfefferminztee, habe er Angst gehabt. Dass er, das Heimkind, irgendwann auf die Schnauze fliegt und wieder da landet, wo er herkommt: im Nirgendwo. Und heute?

Bevor Soost antworten kann, kommt die alte Dame um die Ecke, die ihm mittags fast ihr Dekolleté in den Bauch gerammt hatte. Sie bleibt stehen, ihr Blick wandert langsam über seinen Körper. "Du warst ja noch immer nicht duschen", sagt sie. Soost lächelt, dann wendet er sich wieder dem Gespräch zu. "Wo waren wir? Ach ja: Angst."

Flash! Der größte Moment deines Lebens Pro Sieben, 22.30 Uhr.

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