Netflix:Niemals ist Schluss

Die Science-Fiction-Serie "Altered Carbon" stellt die Frage, was das Leben noch wert ist, wenn man sich neue Körper kaufen kann.

Von Nicolas Freund

In der Welt der Science-Fiction-Serie Altered Carbo hat der Tod keine Bedeutung mehr. Jeder Mensch bekommt als Kleinkind einen Chip in den Nacken implantiert, der das Bewusstsein aufzeichnet und der nach dem Tod mit allen Erinnerungen einfach in einen fremden Körper oder den eines Klons des eigenen eingebaut werden kann. Leute, die es sich leisten können, wechseln so alle paar Jahre die sterbliche Hülle oder holen Menschen aus der Vergangenheit zurück, notfalls in einem anderen Körper.

Auf diese Art bekommt auch Takeshi Kovacs, ein berüchtigter Killer und Freiheitskämpfer, einen hochgezüchteten neuen Körper und eine zweite Chance. Dafür muss er aber den Mord an einem gewissen Laurens Bancroft aufklären, einem Steve Jobs der Zukunft. Der ist allerdings nicht wirklich gestorben, weil er sich als Superreicher ein ständig aktualisiertes Back-Up von sich selbst und natürlich auch Reserveklone leisten kann. Wer seine sterbliche Hülle so brutal ermordet hat, möchte er trotzdem gerne wissen.

Altered Carbon – Das Unsterblichkeitsprogramm

Durchweg fantastisch: Visuell bietet die SciFi-Serie Altered Carbon dem Publikum wirklich viel.

(Foto: Netflix)

Kovacs, gespielt von dem scheinbar nur noch aus Muskeln bestehenden und sichtlich unterforderten Joel Kinnaman aus The Killing, könnte auch der wiederauferstandene Philip Marlowe aus den Detektivromanen Raymond Chandlers sein. Wie sein abgebrühtes Vorbild aus dem 20. Jahrhundert schnüffelt Kovacs am liebsten dort herum, wo es dreckig ist. Gewalt hält er für eine grundsätzlich angemessene Ermittlungsmethode.

Anders als bei Blade Runner, dem unerreichten Vorbild dieser Serie, gerät die Verbindung aus Science Fiction und Film noir aber etwas oberflächlich. Viel mehr als über die eher uninteressanten Ermittlungen zu einem Mord, der gar keiner ist, möchte man über diese Unsterblichkeitstechnologie generell erfahren: Was ist das für ein Gefühl, in einen fremden Körper versetzt zu werden? Oder über die Stadt Bay City, Stadt, die wohl einmal San Francisco war. Oder darüber, ob die apodiktische Aussage der Unabhängigkeit von Körper und Geist haltbar ist. Kann man das Bewusstsein wirklich so leicht vom Körper trennen? Und was wird aus einer Gesellschaft, wenn einzelne Menschen unsterblich sind, andere aber kaum eine Chance auf einen guten Ersatzkörper haben? Die Serie reißt solche Fragen an, verfolgt sie aber nicht weiter.

Immerhin sieht die Zukunft in Altered Carbon durchweg fantastisch aus, visuell gibt es im Fernsehen derzeit wenig Vergleichbares. Das gilt auch für die Gewalt: Viele Episoden sind blutrünstig an der Grenze des erträflichen. Diese Brutalität ist weder nötig, noch wird sie problematisiert. Oft ist nur umständlich nachvollziehbar, wer gerade warum verprügelt wird. In einer Gesellschaft, in der Sterben keine Bedeutung mehr hat, ist wohl auch das Leben nichts mehr wert.

Altered Carbon, auf Netflix.

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