Eine junge Frau, sie hat dunkles Haar und trägt ein blau-weiß geblümtes Sommerkleid, liegt in der Morgendämmerung regungslos am Strand. Ihr linker Schuh fehlt, die Knie sind aufgeschürft und das Gesicht halb im Sand vergraben. Es ist Alba, Studentin aus Madrid, die ihre Familie in der spanischen Provinz Alicante besucht. Und was ihr passiert ist, darüber können auch die bunten Fassaden und sommerlichen Beach-Vibes des valencianischen Urlaubsortes Villajoyosa nicht hinwegtäuschen: Alba wurde in der Nacht zuvor Opfer einer Gruppenvergewaltigung, kann sich jedoch an nichts erinnern.
In der spanischen Netflix-Serie, die nach der Protagonistin benannt wurde, versucht die junge Frau, die Schreckensnacht zu rekonstruieren. Dass die Täter offenbar wohlhabende Kumpel ihres Freundes Bruno sind, mit reichen Familien, welche die Stadt regieren, macht das nicht einfacher.
Die Geschichte basiert auf der türkischen Fernsehserie Fatmagül'ün Suçu Ne? (auf Deutsch Was kann Fatmagül dafür?), die in den 2010er-Jahren trotz ihres schweren Stoffes, der zum Teil ad absurdum geführt wird, wenn sich etwa das Vergewaltigungsopfer in ihren vermeintlichen Peiniger verliebt, in der Türkei sehr beliebt war. Wie Fatmagül wird auch Alba, deren Familie eine kleine Bar betreibt und die ungeachtet der Freundschaft ihres Partners Bruno zu den jungen Reichen ansonsten wenig Kontakt mit den wohlhabenden Strippenziehern des Örtchens hat, zum Opfer eben jener Schnösel. Sie gehören einer skrupellosen Oberschicht an, die hier (und auch in der türkischen Schwesterserie) kritisiert wird.
Trotz Drohungen, Lügen und fehlender Beweise: Alba kämpft weiter
Alba kämpft unerbittlich und lässt sich von der reichen Familie der Vergewaltiger, den Entrerríos, die ihre Söhne zu decken versuchen, nicht aufhalten. Eine anonyme Drohung per Telefon, die wiederum auf die Entrerríos zurückzuführen ist, soll sie beispielsweise davon abhalten, zur Polizei zu gehen. Als würde die Vergewaltigung nicht reichen, wird sie bald auch noch zum Opfer von ständiger Überwachung und Machtmissbrauch. Bei so viel Trauma auf einmal fragt man sich, woher Alba - grandios gespielt von Elena Rivera - die Kraft zum Weiterkämpfen nimmt.
Zeit spielt hier keine Rolle. Man glaubt sich in einem Karussell aus Intrigen, bei denen sich auch die Ermittlungen der örtlichen Polizei im Kreis drehen. So wird die Nacht der Vergewaltigung zur Nebensache, die psychischen Folgen für das Opfer werden nicht ausreichend aufgearbeitet. Die Gruppenvergewaltigung dient nur als Aufhänger für eine Geschichte über Korruption, Verantwortung und Mut- als Aufhänger für einen Thriller.
Als solcher ist Alba aber durchaus empfehlenswert. Je näher der anstehende Prozess rückt, desto engmaschiger wird das Netz der Intrigen, desto mehr erfährt die Studentin über die dunklen Geheimnisse der städtischen Elite. Über 13 Folgen hinweg wirkt das manchmal zwar ein wenig überspitzt, ist aber spannend. Und die Frage ist: Bekommt Alba am Ende Gerechtigkeit?
Alba, auf Netflix.
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