NBC-Moderator Brian Williams:Im Hubschrauber geirrt

Brian Williams

Laut Umfragen einer der beliebtesten Nachrichtenmoderatoren im US-Fernsehen: Brian Williams.

(Foto: Brad Barket/AP)

Jahrelang hat US-Nachrichtensprecher Brian Williams die Geschichte zum Besten gegeben, wonach er im Irakkrieg in einem Hubschrauber gesessen habe, der unter Beschuss geriet. Nun ist klar: Williams hat gelogen. Seine TV-Karriere könnte damit zu Ende sein.

Von Matthias Kohlmaier

Es gibt Dinge, die vergisst man nicht. Wer im Irakkrieg in einem Huschrauber gesessen hat und dabei unter feindlichen Beschuss gekommen ist, dürfte sich für den Rest des Lebens daran erinnern. Auch wenn besagter Hubschrauber durch Angriffe mit Panzerabwehrraketen zur Landung in der Wüste gezwungen wird, bleibt einem das als direkt Betroffenem im Gedächtnis - möchte man als nicht direkt Betroffener wenigstens meinen.

Bei Brian Williams, Moderator der NBC-Show Nightly News with Brian Williams, die täglich etwa neun Millionen Menschen sehen, scheint das anders zu sein. Der 55-Jährige hat jahrelang die Geschichte zum Besten gegeben, wonach er 2003 im Irak in einem US-Militärhubschauber gesessen und am eigenen Leib erlebt habe, wie es sich anfühlt, unter Feuer genommen zu werden. Das Problem: Williams saß gar nicht in dem Hubschrauber. Er hat jahrelang gelogen.

Misslungener Dank

Bereits am vergangenen Mittwoch hatte Williams in einer Stellungnahme im Fernsehen zugegeben: "Ich habe die Ereignisse von vor zwölf Jahren falsch dargestellt." Seine Version der Geschichte sei "der misslungene Versuch von mir gewesen, einem besonderen Veteran zu danken und darüber hinaus unseren mutigen Männern und Frauen im Militär, den Veteranen überall, denen, die gedient haben, während ich das nicht getan habe".

Tasächlich hat Williams zwar 2003 für NBC aus dem Irak berichtet. Er saß jedoch nicht in dem beschossenen und zur Landung gezwungenen Hubschrauber, sondern in einem anderen, der erst deutlich später an der Stelle ankam.

Aufgeflogen war die Lüge vor einigen Tagen, als Williams sein vermeintliches Abenteuer im Rahmen der Ehrung eines Soldaten im Ruhestand erzählt hatte. Danach negierten mehrere Kriegsveteranen Williams' Aussagen gegenüber dem Magazin Stars and Stripes. "Es gab keinen Grund, die Geschichte aufzupolieren und zu behaupten: 'Ich war in dem Hubschrauber, der unter Feuer genommen wurde.' Ich verstehe nicht, wie er das verwechseln konnte. Ich glaube nicht, dass das ein spontaner Fehler war", sagte ein Soldat.

Nun ließe sich konstatieren: Der Mann hat gelogen, er hat sich entschuldigt, nun muss sein Arbeitgeber NBC entscheiden, ob er weiterhin die Position als Nachrichtensprecher bekleiden kann. Aber die Sache hat noch eine wesentlichere Pointe: Denn im Beitrag aus dem Jahr 2003 hat Williams die Geschichte so dargestellt, wie sie sich laut der Soldaten tatsächlich abgespielt hat. Anders gesagt: Williams hat erst die Wahrheit gesagt und sich später entschieden, die Geschichte etwas aufzupeppen.

In einer Stellungnahme auf der NBC-Homepage schrieb der Moderator nun wachsweich, ihm sei "schmerzlich klar geworden, dass er derzeit selbst zu sehr Teil der Nachrichten sei". Er werde seine eigene Show daher für einige Tage nicht moderieren und sich von Lester Holt vertreten lassen. "Nach meiner Rückkehr werde ich meine Bemühungen fortsetzen, das Vertrauen derjenigen zu rechtfertigen, die uns Vertrauen entgegenbringen", endet das Statement.

Ob es zu solch einer Rückkehr aber überhaupt kommt, scheint mehr als ungewiss. Mittlerweile hat NBC eine Untersuchung gegen Williams eingeleitet, wie mehrere US-Medien berichten. Demnach gebe es auch bei dessen Berichterstattung über den Hurrikan "Katrina" aus dem Jahr 2005 diverse Ungereimtheiten.

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