Süddeutsche Zeitung

Nachwuchsjournalist Rick Noack im Gespräch:"Abstempeln ist unfair"

Rick Noack ist 17 und schon seit Jahren Journalist. Mit seinem "Club der jungen Journalisten" will er nun seine Generation in die Branche bringen. Und ihr Bild in der Öffentlichkeit geraderücken.

Tilman Queitsch

Rick Noacks Lebenslauf ist schon jetzt stattlich gefüllt: Der Dresdener Schüler hat unter anderem beim Time Magazine und bei CNN International gearbeitet, seit zwei Jahren schreibt er für Spiegel Online. Nun hat Noack mit seinem gleichaltrigen Kollegen Gregor Kalchthaler den "Club der jungen Journalisten", kurz CDJJ, gegründet. Die Idee dafür hatte Kalchthaler, der die Projektleitung übernimmt. Noack wird Chefredakteur des Clubs. So will er Nachwuchsjournalisten mit großen Medienhäusern zusammenbringen und Jugendliche zum Thema machen.

sueddeutsche.de: Herr Noack, Sie sind 17 Jahre alt und bereits ein erfahrener Journalist - wann haben Sie mit dem Schreiben angefangen?

Rick Noack: Mit 13 Jahren habe ich begonnen, als freier Mitarbeiter für die Sächsische Zeitung zu arbeiten. In den ersten Redaktionssitzungen habe ich mich nie getraut, meine Themen vorzuschlagen, aber ich habe schnell gemerkt, dass mich Schüchternheit nicht weiter bringt.

sueddeutsche.de: Werden Sie trotz Ihres geringen Alters ernstgenommen?

Noack: Ich habe noch keine klassische journalistische Ausbildung hinter mir und trotzdem darf ich viel mitarbeiten und werde von Redakteuren akzeptiert. Für time.com habe ich zum Beispiel darüber geschrieben, wie der Sparkurs der englischen Regierung selbst Queen Elizabeth II. zu schaffen macht. Viele Verlage haben gemerkt, dass sie mehr junge Leser begeistern müssen. Das geht nicht nur über neue iPhone-Apps. Für junge Inhalte braucht man junge Journalisten. Das wissen auch große Medienhäuser. Es gibt viele, die wie ich früh mit dem Schreiben anfangen.

sueddeutsche.de: Wie erleben Sie die Mediennutzung und die Begeisterung für Journalismus in Ihrer Generation?

Noack: Jugendliche wollen auf jeden Fall Nachrichten lesen, sie aber nicht suchen. Sie wollen von ihnen gefunden werden. Das funktioniert bereits jetzt - nach dem "Facebook-Prinzip": Man bekommt alles von Freunden zugeschickt. Soziale Netzwerke sind für junge Leser immer öfter die wichtigste Informationsquelle.

sueddeutsche.de: Wie lässt sich Ihr Engagement neben der Schule realisieren?

Noack: Das ist gar nicht so schwer. Für die Schule würde ich auch sonst nicht mehr machen, dafür sind die Noten gut (lacht) Andere in meinem Alter sitzen stundenlang vor dem Computer und spielen "World of Warcraft", ich schreibe eben Artikel. Am liebsten über gesellschaftliche und politische Themen.

sueddeutsche.de: Artikel scheinen Ihnen aber nicht zu reichen: Der "Club der jungen Journalisten" soll im Frühjahr 2011 starten, mit Ihnen als Chefredakteur. Wie soll das Projekt funktionieren?

Noack: Es wird eine Plattform sein, auf der regelmäßig Artikel, Reportagen und Kommentare erscheinen. Geschrieben von jungen Menschen, in Kooperation mit größeren Medien. Ein Themenbeispiel wäre die Griechenland-Krise: Was sagt die Generation dazu, die später die Schulden tragen wird?

Solche Ideen werden wir unseren redaktionellen Partnern, zum Beispiel größeren Zeitungen, anbieten. Mit einigen sind wir bereits im Gespräch. Stimmt der Partner zu, erscheint der entsprechende Artikel zeitgleich bei ihm und auch bei uns. Etablierte Medien sollen so aus Sicht von Jugendlichen über aktuelle Themen berichten können.

Wir haben uns vorgenommen, vorerst etwa ein Dutzend Redakteure anzuwerben. Die Mitarbeit im Club erfolgt ausschließlich ehrenamtlich. Aber die Autoren werden bei Recherchen finanziell unterstützt. Die Mitgliedschaft ist kostenlos. Auf Werbung wollen wir verzichten. Wir beantragen Fördergelder und hoffen auf Sponsoren. Dadurch sollen auch Auslandsrecherchen möglich werden. Wir wollen uns ja nicht auf Deutschland beschränken, da das Ausland bei jungen Menschen ein wichtiges Thema ist.

sueddeutsche.de: Warum brauchen junge Journalisten einen solchen Club?

Noack: Weil viele Jugendliche finden, dass sie zu einseitig dargestellt werden. Und uns als "Komasäufergeneration" abzustempeln ist unfair. Das trifft natürlich nicht auf alle Medien zu, aber Erwachsene können sich sehr schwer in junge Leute hineinversetzen. Wenn Jugendliche zum Thema werden, entstehen oft relativ einseitige Eindrücke in Artikeln.

sueddeutsche.de: Auf Ihrer vorab gestarteten Webseite titeln Sie: "Liebe Journalisten, fangt an uns zu verstehen." Was meinen Sie damit?

Noack: Das ist vielleicht etwas provokant formuliert, soll aber ein Aufforderung sein, sich bei uns zu melden und unsere Generation mehr kennenzulernen. Darin liegt kein Vorwurf: Wir wollen nicht gegen die Medien arbeiten sondern mit ihnen. Das Motto richtet sich an die Masse der Journalisten, von denen in meinen Augen noch zu wenige an ihre jungen Leser denken, wenn sie Themen aufgreifen.

sueddeutsche.de: Wie unterscheiden sich denn junge und ältere Journalisten Ihrer Meinung nach?

Noack: "Alte" Journalisten waren auch mal jung. Aber ich glaube, mit zunehmendem Alter verlieren viele die Vorstellung davon, was Jugendliche eigentlich gerade bewegt. Das ist kein Vorwurf, das ist normal - aber es ist entscheidend, wenn man mit den Texten auch junge Leser ansprechen möchte.

sueddeutsche.de: Es gibt mehrere Vereine für junge Medienmacher wie die "Junge Presse" in verschiedenen Bundesländern oder das "Journalists.Network". Ist der CDJJ da wirklich etwas Neues?

Noack: Wir wollen die Artikel mit Kooperationsmedien veröffentlichen. Es geht uns nicht darum, Veranstaltungen zu organisieren oder Presseausweise auszustellen, sondern um das Schreiben an sich. Unterstützung bekommen wir jetzt schon, zum Beispiel von Prof. Dr. Christoph Fasel, dem ehemaligen Leiter der Henri-Nannen-Schule und von Redakteuren renommierter Zeitungen.

sueddeutsche.de: Wer darf Mitglied werden?

Noack: Alle jungen Journalisten, die Erfahrungen in der Medienbranche gesammelt haben oder bloggen und uns überzeugen können. Die Interessenten bewerben sich in einer Bewerbungsrunde für eine Aufnahme in den Club, wie bei einer Stiftung. Das Auswahlgremium dafür setzt sich noch zusammen.

sueddeutsche.de: Sie ziehen die Altersgrenze für Mitglieder bei 25 Jahren. Hat das einen bestimmten Grund?

Noack: Das ist eine Richtlinie, es kann Ausnahmen geben. Mit 25 beendet man in etwa das Studium, fängt an zu arbeiten.

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