Süddeutsche Zeitung

Nachruf:Nahbare Frontfrau

Die SWR-Moderatorin Stefanie Tücking ist überraschend im Alter von 56 Jahren gestorben. Über die Grenzen des Sendegebiets im Südwesten bekannt wurde sie mit der 80er-Jahre-TV-Chartshow "Formel Eins", die sie 1986 und 1987 präsentierte.

Von Hans Hoff

Wenn die Erinnerung an Stefanie Tücking in diesen Tagen vor allem um ihren Einsatz als Moderatorin in der 80er-Jahre-Chartshow Formel Eins kreist, wird ihr das nur bedingt gerecht. Natürlich war die im kollektiven Gedächtnis ihrer Generation fest verankerte Sendung das Ereignis im Leben der Pfälzerin, das sie 1986 für zwei Jahre auf die große nationale Bühne spülte und ihr mehr Aufmerksamkeit bescherte als all ihr anderes Tun zusammen. Aber das helle Licht, das auf diese rund 80 Sendungen fiel, verschattete ein wenig das, was das Wirken dieser Frau wirklich ausmachte.

In Wahrheit war Tücking vor allem Radiofrau, ein Produkt der legendären Kaderschmiede SWF 3, dem Sender, bei dem von Anke Engelke über Frank Plasberg bis hin zu Claus Kleber viele ihr Handwerk lernten. Bei SWF 3 durfte man mehr als anderswo, man wurde als Moderator aber auch gefordert, was man der heute unter dem Kürzel SWR 3 firmierenden Nachfolgestation nicht immer anmerkt. Sie habe immer Journalistin bei SWF 3 werden wollen, hat Tücking einmal erzählt. Nicht weil ihr das irgendjemand eingeflüstert hatte, sondern weil sie es intuitiv wusste, schließlich hatte der Sender schon ihre komplette Jugend beschallt.

Für Tücking ist der Südwesten immer ihre Radioheimat geblieben, da konnten auch die Gastspiele im Bayerischen Rundfunk oder beim ZDF nicht viel dran drehen. Und wenn sie auf Sendung ging, dann hatte das fast immer mit Musik zu tun. Manchmal ein bisschen mit Sport, gelegentlich ging es auch mal um Motoren, aber meistens ging es eben doch um Musik.

Tücking war eine, die eine Leidenschaft mitbrachte für Musik, mehr für die härtere Gangart, weniger für das Aufgeblasene, was sie gelegentlich bei Formel Eins so anzusagen hatte. In Zeiten, da Rockmusik im Fernsehen und im Radio vor allem eine Männerdomäne war, stand sie als eine von wenigen Frauen ganz vorne und ließ sich auch von Studiogästen mit großen Namen nicht einschüchtern. Sie hatte ihre ganz besondere Art, die Dinge anzugehen, direkt und klar. Was sie sagte, meinte sie auch - und wenn sie etwas nicht meinte, dann sagte sie es halt auch nicht.

Bei Steffi war nie viel Drumherum, da ging es immer gleich zur Sache

Man konnte ihre rauchig warme Stimme immer leicht wiedererkennen, aber wenn sie die Kategorie "Single" anmoderierte, dann tat sie das immer mit weichem pfälzischen S vorne, wo doch eigentlich das schneidend scharfe S angebracht gewesen wäre. Das schuf stets einen feinen Kontrast, hier das weiche S, dort die handfeste Frau, die weiß, wo sie lang will.

Das war halt die Tücking, die Steffi, wie sie alle nannten, die ihr näher waren und vor allem ihre unkomplizierte Art mochten. Bei Steffi war nie viel Drumherum, da ging es immer gleich zur Sache, schnörkellos. Und wenn man ihr Herz aufschließen wollte, dann half es, wenn man ihre Hundebegeisterung teilte.

Stefanie Tücking ist in der Nacht zu Samstag im Alter von 56 Jahren gestorben. Nicht nur dem Südwesten fehlt nun eine starke Stimme.

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Quelle:
SZ vom 03.12.2018
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