Süddeutsche Zeitung

Nachruf:Maja Maranow ist tot

Über eine überaus beliebte Schauspielerin, die das öffentlich-rechtliche Fernsehen auf angenehm unspektakuläre Weise geprägt hat.

Von David Denk

Gegen Ende von "Geplatzte Träume", dem 64. Fall der Krimireihe Ein starkes Team, den das ZDF am Samstag ausgestrahlt hat, erliegt eine Frau ihrem Krebsleiden. Verena Berthold ist es nicht, die so gradlinige, besonnene, warmherzige Ermittlerin, die Schauspielerin Maja Maranow mehr als zwanzig Jahre lang verkörpert hat. Schon im Sommer wurde bekannt, dass dieser 64. ihr letzter Fall sein würde. Zur Begründung sagte Maranow, sie wolle sich künftig verstärkt Einzelfilmen widmen. Viel spricht dafür, dass dies eine Schutzbehauptung war, um eine eigene Erkrankung nicht öffentlich machen zu müssen. Am 4. Januar ist Maja Maranow im Alter von 54 Jahren in Berlin gestorben.

Nichts deutet in "Geplatzte Träume" auf einen Ausstieg Maranows hin. Am Ende sitzt Verena Berthold mit Ermittlerkollege Otto Garber (Florian Martens) im Dienst-Mercedes und frotzelt ihn an, wie sie es zig Mal getan hat: "Ist das nicht schön, dass du in deiner Welt am Ende immer recht hast?"

Mit Ein starkes Team haben Maranow und Martens auf angenehm unspektakuläre Weise das öffentlich-rechtliche Fernsehen geprägt. Der besonderen Chemie zwischen den Hauptfiguren, diesem alten Ehepaar mit so gegensätzlichen Temperamenten, verdankt die Reihe, eher Publikums- als Kritikerliebling, ihre Beliebtheit: 8,18 Millionen Zuschauer sahen den leisen Abschied von Verena Berthold, der - eine bittere Pointe - auch zum Abschied von Maja Maranow wurde.

Es zeugt von menschlicher Größe, dass Maranow die Reihe offenbar nicht mit einer Erkrankung belasten wollte und schon zu Lebzeiten den Weg freigemacht hat für eine Nachfolgerin: Künftig ermittelt Stefanie Stappenbeck an Martens' Seite. Ein schönes, aber beileibe kein leichtes Erbe. Der Weg bis zum alten Ehepaar mit der besonderen Chemie ist weit.

Nach Anfängen am Theater in Lübeck und Hamburg ist die aus der niedersächsischen Kleinstadt Nienburg an der Weser stammende Maranow mit Fernsehrollen bekannt geworden. Den Durchbruch brachte 1989 die Rolle der Sylvia Gruber in der ZDF-Serie Rivalen der Rennbahn, die einem Ex-Jockey und Pferderennstallleiter den Kopf verdreht.

Später gehörte Maranow zum festen Ensemble der Fernsehmehrteiler des Regisseurs Dieter Wedel, der sich bestürzt über ihren Tod äußerte. Mit Wedel drehte sie Der Schattenmann, Der König von St. Pauli und Die Affäre Semmeling. Im Oktober hatte er ihr noch eine Rolle angeboten, die Maranow ablehnte: "Im Nachhinein ergibt das natürlich einen traurigen Sinn."

Vor allem durch ihre Zusammenarbeit mit Regisseur Matti Geschonneck konnte Maranow ihr Profil um Charakterrollen erweitern: In Liebe nach dem Tod spielte sie 2006 eine Witwe, die nach dem Tod ihres Mannes feststellt, dass der sie betrogen hat und verlassen wollte, in Eine Frau verschwindet (2012) eine Alzheimer-Patientin. Eines ihrer wenigen, dafür aber umso prominenteren Kinoprojekte war Dominik Grafs historisches Liebesdrama Die geliebten Schwestern, in dem sie 2013 als Goethes Schwarm Charlotte von Stein zu sehen war.

Mit Maja Maranow verliert das deutsche Fernsehen eines seiner bekanntesten Gesichter, eine Schauspielerin, die in beeindruckender Quantität Qualität ablieferte und der dennoch der ganz große Ruhm verwehrt blieb. Dabei mangelte es ihr wahrlich nicht an Star-Appeal, Maranow war eine geheimnisvolle, klassische Schönheit, die ihren Figuren stets eine tiefe Menschlichkeit verlieh. Oder wie es ZDF-Fernsehfilmchef Reinhold Elschot in einer Mitteilung formuliert: "In ihrem Spiel spiegelt sich sehr viel Lebenserfahrung, in ihren Augen sehen wir viel Wissen über die Menschen - aber immer auch eine tiefe Sehnsucht und den Hunger nach Leben. Ich bin dankbar für die wunderbare Zusammenarbeit mit einem sehr besonderen Menschen. Maja Maranow wird uns sehr fehlen."

Auch bei ihren Kollegen war Maranow offenbar sehr beliebt. Ein starkes Team-Nebendarsteller Kai Lentrodt änderte am Freitagabend sein Profilbild bei Facebook in eine schwarze Fläche. "Du warst nicht nur eine große Schauspielerin (für mich eine der Größten), sondern auch ein ganz, ganz großer Mensch", schrieb er. Auf dem Foto darüber strahlt Maranow mit ihren Kollegen um die Wette. Sie gewinnt haushoch.

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Quelle:
SZ vom 11.01.2016
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