Nachruf:Freund der Deutschen

Nachruf: David Binder, geboren 1932 in London, war von 1961 bis 2004 als Auslandskorrespondent der New York Times tätig.

David Binder, geboren 1932 in London, war von 1961 bis 2004 als Auslandskorrespondent der New York Times tätig.

(Foto: Sanja10021-CC-by-2.0)

Der amerikanische Journalist David Binder war die meiste Zeit seines Lebens Friedensreporter, er vermittelte einem großen Publikum Zeitgeschichte. Jetzt ist Binder im Alter von 88 Jahren im Bundesstaat Illinois gestorben.

Von Willi Winkler

In der lang vergangenen Ära Hemingway genoss das höchste Ansehen der Kriegsreporter, und am besten war er, wenn er gleich mitkämpfte und echte Wunden vorzeigen konnte.

David Binder war die meiste Zeit seines Lebens Friedensreporter. Aber er musste, erst für die englische Daily Mail, dann Jahrzehnte lang für die Zeitung New York Times, aus dem Kalten Krieg in Europa berichten. Die angelsächsischen Leser erfuhren durch ihn vom Elend, das der Bau der Mauer in Berlin brachte, und wie die Sowjetunion 1968 den Prager Frühling niederwalzte. 1959 hatte er eine Ärztin aus der damaligen DDR geheiratet und sicherte sich damit einen intimeren und nicht nur geopolitischen Blick auf die Zustände in Deutschland. Früh hatte er sich mit dem ehemaligen Emigranten Willy Brandt angefreundet, dem er eine stark sympathisierende Biografie widmete, The Other German  (1976).

Allerdings wurde die Entspannungspolitik des Duos Brandt & Bahr in Washington mit äußerstem Misstrauen und nicht wenig Neid beobachtet, und so rief die Times ihren Reporter 1973 wegen allzu heftiger Fraternisierung zurück in die Zentrale nach New York. Binder blieb jedoch diplomatischer Korrespondent, erschien weiter regelmäßig in Werner Höfers sonntäglicher Journalisten Talkrunde Internationaler Frühschoppen und wurde sowohl von Willy Brandt wie von Herbert Wehner exklusiv über die Umstände unterrichtet, die 1974 in der Guillaume-Affäre zum Rücktritt des Kanzlers führten.

Beim Fall der Mauer 1989 war David Binder wieder dabei und meldete sich anschließend aus dem zerfallenden Jugoslawien. Wie Hemingway blieb er dem Mittleren Westen der USA verbunden. Ebenso unverbrüchlich hielt er weiter zu den Deutschen. 2002, als Gerhard Schröder sich dem Dienst im amerikanischen Krieg gegen den Irak verweigerte, unterstützte ihn Binder mit einem Beitrag im Spiegel. Er gehöre zu der winzigen amerikanischen Minderheit, die begeistert sei, "dass es führende deutsche Politiker gibt, die ihre Meinung klar ausdrücken, auch wenn sie im Gegensatz zur offiziellen Haltung Amerikas steht".

Am Sonntag ist David Binder im Alter von 88 Jahren in Evanston (Illinois) gestorben.

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