Süddeutsche Zeitung

Nachrichtenmagazin:Späte Revolution beim "Spiegel"

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Das Hamburger Magazin gehört dank Gründer Rudolf Augstein zur Hälfte den Mitarbeitern - davon sollen von 2019 an endlich auch die Kollegen von "Spiegel Online" profitieren. Ein Plan mit Warteliste.

Von Claudia Tieschky

Im Dezember 1969 schenkte Rudolf Augstein seinen Mitarbeitern das halbe Nachrichtenmagazin; er bot ihnen an, Teilhaber zu werden. Seit 1974 ist die zu diesem Zweck gegründete Mitarbeiter KG der mächtigste Gesellschafter des Spiegel . Ohne die KG, die 50,5 Prozent der Anteile hält (neben Gruner + Jahr mit 25,5 Prozent und den Augstein-Erben mit 24 Prozent) geht nichts im Spiegel, an ihr scheitern Chefredakteure, die wegen Augsteins Schenkung gewissermaßen immer auch Angestellte der Mitarbeiter KG sind. Und sehr lange scheiterte dort auch jeder Versuch, den Kreis derjenigen zu erweitern, die Zugang zur KG haben. Die Kollegen der späteren Gründung Spiegel Online , Spiegel TV und Manager Magazin blieben außen vor - was eine Zwei-Klassen-Gesellschaft ergab, die speziell beim Zusammenwachsen von Heft und Digitalausgabe nicht hilfreich war, vorsichtig gesagt. Schließlich wird die Gewinnausschüttung für den einzelnen kleiner, je mehr Personen in der KG sind.

Das soll sich nun ändern, sukzessive und im Verlauf mehrerer Jahre. Wie aus Spiegel-Kreisen zu erfahren ist, sollen Mitarbeiter von Spiegel Online von 2019 an nun wirklich nach und nach Zugang zur KG erhalten. Für die geplante redaktionelle Integration von Print und Digital wurde gerade die Führungsspitze um den bisherigen Chefredakteur Klaus Brinkbäumer ausgetauscht zugunsten eines künftig für alle Ausspielwege zuständigen Teams in einer gemeinsamen Redaktion um Steffen Klusmann, den neuen Chef. Im Januar soll der Gemeinschaftsbetrieb beginnen. Bei dem Konstrukt bleiben Spiegel und Spiegel Online zwar weiter beide als Gesellschaften bestehen, eine neu geschaffene gesellschaftsrechtliche Form ermöglicht aber eine enge Zusammenarbeit. Und sie bringt nach den Informationen aus Spiegel-Kreisen auch die Lösung für eine rechtlich abgesicherte Einbindung von Spiegel Online-Mitarbeitern in die KG: Letztere sollen von Januar an Spiegel-Verlags-Verträge erhalten, wenn KG-Mitglieder etwa durch Ruhestand ausscheiden. So können die Digitalkollegen den Zugang zur KG erhalten, den man ihnen argumentativ kaum länger vorenthalten kann, wenn stets von Gemeinschaft die Rede ist - es ist eine Revolution auf den letzten Drücker. Die Zahl derer, die die KG in den kommenden Jahren verlassen, ermögliche nach und nach die Integration von Spiegel-Online in die Eigentümerstruktur, so das Kalkül. Die Furcht, einige KG-Teilhaber könnten dagegen klagen, hält man bei diesem Vorgehen offenbar für unbegründet.

Bis bei Print und Digital in Eigentümerfragen aber annähernd Gleichstand herrscht, wird noch Zeit vergehen: Erst drei Jahre nach Vertragsbeginn rückt man beim Spiegel in die KG auf. Von Spiegel TV und Manager Magazin ist in den derzeitigen Plänen keine Rede.

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Quelle:
SZ vom 06.09.2018
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