Nachlese zum "Tatort" Köln:Ballauf und Schenk sind wie Brangelina - nur ohne Glamour

Lesezeit: 3 min

Anstrengend, dieses Ermitteln: Die Kölner Kommissare Schenk (Dietmar Bär, Mitte) und Ballauf (Klaus J. Behrendt, rechts) sprechen mit dem Leiter einer Flüchtlingsunterkunft (Volker Muthmann, links). (Foto: WDR/Uwe Stratmann)

Mord an einem Arzt aus dem Kongo - Kommissar Schenk hofft auf den Klassiker: "Attraktiver Weißkittel bringt sich mit Frauengeschichten in tödliche Schwierigkeiten." Blöderweise wartet dann doch Arbeit.

Kolumne von Johanna Bruckner

Darum geht's:

Um Flüchtlinge. Ja, schon wieder - wobei sich die Macher des Kölner Tatorts "Narben" tatsächlich etwas Neues und nicht Unspannendes haben einfallen lassen. Der Arzt Patrick Wangila, als Kriegsflüchtling aus dem Kongo nach Deutschland gekommen, liegt ermordet vor dem Krankenhaus. Kommissar Freddy Schenk denkt arbeitsökonomisch und hofft auf eine Beziehungstat. Kollege Max Ballauf fällt dann aber ein, dass da doch neulich was war, in einem Flüchtlingsheim, eine tote Frau aus dem Kongo - komischer Zufall? Bestimmt nicht.

Hier lesen Sie die Rezension von SZ- Tatort-Kritiker Holger Gertz:

"Tatort" aus Köln
:"Kongo Kongo Kongo - da war doch was"

Nach Hamburg, Hannover, Stuttgart und Luzern kommt jetzt auch aus Köln ein "Tatort" zum Thema Flüchtlinge. Doch das ist nur Mittel zum Zweck.

TV-Kritik von Holger Gertz

Bezeichnender Dialog:

Seit 19 Jahren klären Ballauf und Schenk nun schon gemeinsam Verbrechen auf - klar, da ist man ein bisschen ermittlungsmüde. Warum kann es also nicht mal was ganz Einfaches sein?

Schenk: Oder eben doch der Klassiker - Attraktiver Weißkittel bringt sich mit Frauengeschichten in tödliche Schwierigkeiten.

Ballauf: Wusste gar nicht, dass du Arztromane liest.

Schenk: Ärztinnen, Pflegerinnen, Patientinnen - 'n bisschen was geht immer.

Ballauf: Gut, dass du keine Vorurteile hast.

Schenk: Das ist das wahre Leben, Max, ich sag's dir.

Die besten Zuschauerkommentare:

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Vorhersehbarste Szene:

Ballauf und Schenk sind wie Brangelina - nur ohne spannende Jobs, eine unüberschaubare Zahl an Kindern und den ganzen Glamour. Unterm Strich bleibt also ein symbiotisches Ehepaar mit routinierten Rollen. Schenk darf hier und da die öffentlich-rechtliche Form eines sexistischen Witzchens reißen, und Ballauf den Moralischen bekommen. Das wäre alles nicht so schlimm, würden Flapsigkeit und Tapsigkeit der Kölner Kommissare in dieser Episode nicht mit der Geschichte kollidieren. Die ist angelehnt an die sehr realen Grausamkeiten, die Frauen im Kongo tagtäglich widerfahren. Was zu vorhersehbar unheilvollen Szenen wie dieser führt.

Da haben es die Kommissare seit einer knappen Stunde mit (vermeintlichen) Opfern des Bürgerkriegs im Kongo zu tun, sie haben auf Fotos von Narbenlandschaften geguckt, und sich von einer Ärztin erklären lassen, dass manche Frau so traumatisiert ist, dass sie das Erlebte nur aufschreiben kann. Und trotzdem hält es Ballauf für eine gute Idee, sich auf das Grundstück eben jener Ärztin zu schleichen, weil er dort die Zeugin Cecile Mulolo vermutet. Auf die trifft all das zu: Kongolesin, von Rebellen gefoltert, von Narben übersät, schwer traumatisiert.

Was dann passiert, ist so vorhersehbar, dass es weh tut - und sei es nur in den Ohren: Ballauf steht plötzlich in der Küche, Mulolo schreit, Ballauf beschwichtigt, Mulolo schreit, Ballauf ruft die Ärztin an, Ballauf sagt: "Wenn Sie von Anfang an mit offenen Karten gespielt hätten, hätt's gar nicht erst so weit kommen müssen."

Top:

Wie gesagt: Die Idee für diesen Tatort ist gut ...

Flop:

... wenn da nur die Kommissare nicht wären. Die würden nicht nur durch jede Sportprüfung für Polizisten fallen, sie rauschen auch durch sämtliche Klischeetests. Zum Beispiel, wenn sie die verdächtige Ärztin Sabine Schmuck befragen, die bei der Arbeit häufiger betrunken sein soll. Dazu fällt Schenk ein kluger Ratschlag ein: "Alkohol ist ein Karrierekiller." Dann darf Ballauf - klassisches God-Cop/Bad-Cop-Motiv - sensibel die küchenpsychologische Diagnose stellen: "All die Berichte der Frauen, die Sie behandeln, all die Grausamkeiten, mit denen Sie sich tagtäglich auseinandersetzen müssen - wie ertragen Sie das? Wie stecken Sie das weg? Einfach so? Nein. Sie trinken." Und weil die Ärztin trotz Verbalklatsche noch zuckt, legt Schenk final nach: "Wenn es darum geht, die eigene Haut zu retten, sind Gutmenschen auch nur Menschen."

Bemühtester Auftritt:

Kommissar-Azubi-Streber Tobias Reisser (Patrick Abozen) hat längst die eigentliche Ermittlungsarbeit übernommen: das ganze öde Befragen, Rumtelefonieren, Recherchieren. Wer will das schon? Kommissar Schenk sicher nicht, und so ist der arme Reisser nicht nur der Depp im Dienst - es wird ihm noch nicht mal gedankt.

Schenk: Hast du die ganze Nacht telefoniert?

Reisser: Kinshasa, Goma, New York - den ehemaligen Befehlshaber der UNO-Blauhelme hab' ich in Sidney erreicht.

Schenk: Schönen Gruß von der Kostenstelle.

Die Erkenntnis:

"Als Frau kann man an vielen falschen Orten geboren werden. Ostkongo steht ganz oben auf der Liste", sagt Krankenpflegerin Angelika Meyer an einer Stelle. In diesem Tatort sind die Schrecken - und die Schrecklichen - des Landes ganz nah.

Die Schlusspointe:

Auf dem Flur des Polizeireviers begegnen sich die Täterin und die Ehefrau des Mordopfers. Ja, schon wieder - diese Panne kommt in fiktiven Polizeirevieren gehäuft vor. Sagt die Täterin: "Irgendjemand musste ihn töten."

Ach Gottchen.

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