Skandal um "Deutschlands Beste!":Jetzt muss einer gehen

Der bisherige ZDF-Unterhaltungschef Oliver Fuchs

Das ZDF musste Betrug einräumen - nun nimmt Unterhaltungschef Oliver Fuchs den Hut.

(Foto: dpa)

Nach dem Skandal um gefälschte Rankings bei der ZDF-Show "Deutschlands Beste!" tritt Unterhaltungschef Oliver Fuchs von seinem Posten zurück. Nicht nur für ihn hat der Betrug Konsequenzen.

Von Friederike Zoe Grasshoff, Christopher Keil und Katharina Riehl

Bereits Ende der vergangenen Woche, als das ZDF gestand, dass die Platzierungsliste für die Sendung Deutschlands Beste! gefälscht war, bekam Oliver Fuchs gute öffentliche Ratschläge. Einer lautete: Fuchs, der beim Zweiten seit Herbst 2012 als Unterhaltungschef angestellt ist, möge schleunigst Privates aus seinem Büro in Kartons packen.

Um im Bild zu bleiben: Die Kartons müssen abgeholt werden. Fuchs bot seinen Rücktritt an, Donnerstagmorgen wurden die Gremien des Senders informiert. Man kann sich vorstellen, dass ZDF-Intendant Thomas Bellut und Programmdirektor Norbert Himmler das Gesuch auch gerne angenommen haben. Gerne, weil Bellut damit das rasche Ende einer unappetitlichen Affäre ausrufen möchte, die Zweifel an Qualitätsstandards des öffentlich-rechtlichen Programms verstärkt: Das ZDF musste Betrug einräumen.

"Idioten!"

Für die Show Deutschlands Beste!, die Johannes B. Kerner Anfang Juli im ZDF moderiert hatte, waren Zahlen frisiert worden, um den Studiogästen einen hübscheren Auftritt zu bieten. Würde ein Franz Beckenbauer, so wohl die Überlegung im ZDF-Redaktionsteam, neben Kerner im Publikum sitzen, wenn ihn das Volk nur auf Platz 31 gewählt hatte? Also wurde Beckenbauer auf Rang neun befördert oder ZDF-Moderator Claus Kleber vor den RTL-Kollegen Peter Kloeppel gesetzt. Der ZDF-Fernsehrat forderte dringend Aufklärung, Politiker, Zuschauer und betroffene Prominente übten Kritik, Kleber tobte auf Twitter: "Idioten"!

Oliver Fuchs, 46, soll, so hat eine interne Untersuchung durch den ZDF-Justitiar und weitere Juristen jetzt angeblich ergeben, nicht selbst Hand an das Voting-Ergebnis einer Forsa-Studie gelegt haben. Auch soll er von der Manipulation nichts gewusst haben. "Doch er hat sich nicht genug gekümmert", sagt ein ZDF-Manager. Außerdem, das kommt nun dazu, sei ihm wenig geglückt, am wenigsten die Modernisierung von Wetten, dass ..?.

Wusste Fuchs tatsächlich überhaupt nichts? Vor seinem ZDF-Engagement war der Schweizer Geschäftsführer der Produktionsfirma Eyeworks Deutschland und belieferte etwa RTL oder ZDF Neo mit reichlich Sendungsware. Ausschließlich kaufmännisch war er ja im kommerziellen TV nicht tätig, umfangreiche Programm-Kenntnisse sollen ihn zum ZDF gebracht haben, wurde vor zwei Jahren im Sender erklärt. Und Deutschlands Beste!, das von Kerner quotenerfolgreich präsentiert wurde, galt hausintern als wichtige Veranstaltung. Dass Fuchs da ganz genau schaut, wie das Projekt sich entwickelt in Zusammenarbeit mit der Produktionsfirma Riverside, hätte eigentlich nahe gelegen. Und hätten sich nicht auch die Kreativen von Riverside nachhaltiger mit der Grundlage der Sendung - diverse Befragungen - beschäftigen können?

Gastgeber Kerner war ahnungslos

Intendant Thomas Bellut soll den Fall seit dem vergangenen Wochenende zur Chefsache erklärt haben. In einer Pressemitteilung an diesem Donnerstag dankte er Oliver Fuchs: "Ich respektiere sein Angebot, persönlich die Verantwortung zu übernehmen." Problematisch für das Zweite ist vermutlich, dass der gescheiterte Unterhaltungsexperte 2012 einen Fünf-Jahres-Vertrag erhalten hatte. Fuchs sei, heißt es nun nach SZ-Informationen, "frei gestellt". Denkbar wäre, ihn in einer der kommerziellen Tochterfirmen des ZDF unterzubringen.

Fuchs ist nicht der einzige, für den die verpfuschte Sendung Konsequenzen hat: Die für Deutschlands Beste! verantwortliche Redaktionsleiterin, Jahrzehnte beim Zweiten angestellt, soll degradiert werden, eine weitere Redakteurin wurde abgemahnt. Die Redaktionsleiterin habe, so ist aus dem Sender zu hören, die Fälschung betrieben, habe beispielsweise auch Frank-Walter Steinmeier oder Hannelore Kraft und Helene Fischer mit einem Upgrade ausgestattet. Weder Gastgeber Kerner noch seine Gäste sollen geahnt haben, wie ihnen geschah.

Der Ausschuss Programmdirektion des ZDF-Fernsehrats, den die frühere SPD-Familienministerin Christine Bergmann führt, wird nun Standards für Ranking-Sendungen entwickeln. Für den 25. Juli ist eine Sondersitzung einberufen. Programmdirektor Norbert Himmler, der ständiges Mitglied des Ausschusses Programmdirektion ist, soll bereits einen Leitfaden ausgearbeitet haben für den Fall, dass sich das ZDF noch einmal an eine Voting-Show traut.

Über die Zukunft von Deutschlands Beste! wird nicht mehr diskutiert. Das Format, erklärte das ZDF, werde eingestellt. Fernsehratschef Ruprecht Polenz hat gefordert, dass künftig Experten aus der hausinternen Medienforschung oder der Forschungsgruppe Wahlen hinzugezogen werden. Methode und Ergebnis von Umfragen, die Basis einer Ranking-Show sind, sollen im Internet veröffentlicht werden.

Doch wie will das ZDF den Verlust der Reihe Deutschlands Beste! und seines Unterhaltungschef auffangen? Geplant war, auch Deutschlands beste Comedians auszurufen. Für Moderator Kerner, ist zu erfahren, sollen bis Herbst neue Shows entwickelt werden. Nur, von wem? Kommissarisch könnte der stellvertretende Unterhaltungschef Thorsten Haas das Kommando übernehmen. Haas hat eine ZDF-Biografie. Andererseits steht Programmdirektor Himmler vor der Aufgabe, die ZDF-Unterhaltung komplett neu aufzustellen. Sein Versuch, durch einen externen Manager modernes Entertainment ins Zweite zu tragen, ist gescheitert. Himmler soll bereit sein, den Unterhaltungsgedanken eines öffentlich-rechtlichen Senders von Grund auf zu überdenken. Auf SZ-Anfrage wollte er sich weder zur Nachfolge des verabschiedeten Fuchs, noch zu neuen Konzepten äußern. "Bis da Entscheidungen fallen", sagt einer, der im ZDF Einfluss hat, "werden Monate vergehen".

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