Nach der Loveparade-Katastrophe in Duisburg:Presserat rügt "Bild.de"

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241 Beschwerden bekam der Presserat über die Berichterstattung zur Loveparade-Katastrophe in Duisburg. Nun hat das Selbstkontrollorgan eine Rüge ausgesprochen.

Bei großen Katastrophen wird die Bild-Zeitung schnell aktiv. Es gibt viele Fakten - Namen, Adressen und Fotos. So war es auch nach dem Loveparade-Desaster von Duisburg. Bild.de, das Online-Portal des Boulevardblatts, hatte ein ungepixeltes Foto eines Opfers veröffentlicht und dazu Details der Todesumstände beschrieben. Dafür hat nun der Presserat bild.de gerügt und die Berichterstattung in anderen Fällen kritisiert. Es wurden fünf Missbilligungen und drei Hinweise ausgesprochen. Das Selbstkontrollorgan hatte über die 241 Beschwerden, die insgesamt vorlagen, am Dienstagabend entschieden.

Trauer nach Katastrophe bei der Loveparade in Duisburg. (Foto: ddp)

Kritisiert wurde vor allem, dass Fotos von Opfern gezeigt wurden. In mehreren Zeitungen und auf Internetportalen seien sie zu sehen gewesen - auch gegen Darstellungen in Videos richtete sich die Kritik. Die Art der Berichterstattung verstoße gegen das Recht der Opfer auf Privatsphäre, argumentiert der Presserat. Die Darstellung einzelner Opfer sei unangemessen sensationell, begründeten die Beschwerdeführer. Auch Lebensumstände einzelner Opfer wurden unangemessen publiziert, erklärt der Presserat weiter.

Im Selbstkontrollorgan der Presse hatte man die einzelnen Beschwerden zu 13 Punkten zusammengefasst. Die meisten Beschwerden - insgesamt 179 - thematisierten eine Fotostrecke über die verzweifelte Lage einzelner Personen in der Massenpanik.

Der Vorsitzende des Beschwerdeausschusses erklärt, dass die grundsätzliche Berichterstattung über eine Katastrophe wie Duisburg durchaus nötig sei: "Dass viele Menschen diese Fotos unerträglich finden, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein solches Ereignis von hohem öffentlichen Interesse ist. Dabei dürfen Journalisten auch Situationen zeigen, die die furchtbare Realität dokumentieren", sagt Manfred Protze.

Der Pressekodex, gegen den die kritisierten Beiträge verstoßen haben, legt fest, was eine angemessene Berichterstattung ist. So heißt es etwa: "Unangemessen sensationell ist eine Darstellung, wenn in der Berichterstattung der Mensch zum Objekt, zu einem bloßen Mittel, herabgewürdigt wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn über einen sterbenden oder körperlich oder seelisch leidenden Menschen in einer über das öffentliche Interesse und das Informationsinteresse der Leser hinausgehenden Art und Weise berichtet wird. [...]"

Dagegen hatten die detaillierten Schilderungen - vor allem in Bild - nach Meinung des Presserats eindeutig verstoßen.

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